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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

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Bach, Max: Zur Kenntnis der Werke Bartholomäus Zeitbloms
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https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0090

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stcunmt übrigens »ich! aus Münster, sondern eins dem benachbarten
Mickhansen (nicht Mückenhansen, wie Wörmann schreibt)
an der Schmntter bei Schwab,nünchen. Das, was Harzen
darüber beibringt, ist ganz „„genau und die angegebene In-
schrift, ans welche sich die angebliche Autorschaft Schühleins
allein stützt, ist offenbar gefälscht. Es hält schwer, auf die-
sen Altarbildern irgend welche Beziehungen zu den Tiefcn-
bronner Gemälden Schühleins heransznfinden; der Typus der
Köpfe und der Stil der Gewandung sind doch ganz andere.
Der Ort, wo die Inschrift angebracht ist, erregt Bedenken,
da es bei Altarwerken dieser Zeit üblich war, den Namen
des Autors, wenn derselbe genannt sein wollte, entweder auf
der Predella oder, was noch häufiger der Fall war, auf der
Nück- oder Nebenscite des Altarschreines anznbringen, jeden-
falls an eine» Platz, der nicht sofort in die Angen sprang,
niemals aber auf den Gemälden selbst, wofür man an den
Altären zn Tiefcnbronn, für Zeitblom auf dem Kilchberger-
nnd Heerberger Altäre Beispiele hat. Noch mehr verdächtig
sind die Schristformen, die Initialen, welche im 15. Jahr-
hundert gewiß nicht Vorkommen und die Fassung der Inschrift.
Dagegen nehme ich keinen Anstand, das Werk, nach den mir
vorliegenden trefflichen Photographien zn schließen, insbeson-
dere nach den schönen Heiligengestallen, von denen die beiden
Johannes lebhaft an die analogen Figuren vom Eschacher
Altar, das Haupt des hl. Gregor an dieselbe Darstellung
auf der Predella des ebengenanntcn Altares erinnern, für
ein echtes Werk Zcitblomö zn halten, an dem aber Schühlein
keinen Teil hat. Auch an den sichtlich stark übermalten Vor-
derseiten erkennt man noch einzelne Zeitbloms würdige Köpfe.
Aus den 80ger Jahren des 15. Jahrhunderts hat man
keine gesicherte Daten für eine Thätigkeit des Meisters in
diesem Dezennium. Allerdings trägt der Altar von Hausen
bei Ulm, früher im Besitze Professor Häßlers in Ulm, jetzt
in der Sammlung vaterländischer Altertümer in Stuttgart,
die Jahrzahl 1488, und gilt allgemein H für ein Werk Zeit-
bloms, wenn ich denselben auch nur für eine Arbeit seiner
Schule zn erkennen vermag. Von der Vorzüglichkeit dieser
Bilder, wie Andere schreiben, bin ich nämlich nicht so über-
zeugt, um ohne Bedenken die Hand Zeitbloms darin zn ver-
muten. Ans den Flügeln sieht man die Heiligen Nikolaus
und Franziskus; die stark restaurierten Außenseiten stellen
Christus und die Jünger in Gethsemane dar und geben keine
Anhaltspunkte zur Bestimmung des Meisters. Die Darstel-
lungen sind der Schvngancrschen Passion entlehnt. Die Aus-
führung der Gemälde ist etwas hart und ohne den feinen
Schmelz der Zeitblomschen Farben. Die Vermutung Häß-
lers, in dem Kopf des hl. Nikolaus ein Porträt des in dieser
Zeit in Augsburg residierenden Bischofs Friedrich von Zol-
lern zu sehen, ist doch gewagt; es ist der gewöhnliche Typus
Zeitblomscher Bischofsköpfe, wie er z. B. auch auf dem Bild-
nis des Bischofs VergilinS von Salzburg in der Karlsruher
Galerie erscheint und nach Häßlers Ulmer Kunstgeschichte
S. 119 ein und derselbe Kopf in den Zeitblomschen Ge-
bilden, „z. B. als hl. Valentin in Augsburg, als hl.
Nikolaus auf den. Hänfener Altar, als Kirchenvater auf der
Rückwand des Blanbenrer Altars" verkommt. Wenn Häßler
dann weiter ansmalt, Magister Bartholomäus habe dem Bi-
schof als Stifter des Altars eine Visierung dazu gemacht,
so kann man darüber nur lächeln, muß aber bedauern, daß
dieses Märchen in verschiedene knnstgeschichtliche Handbücher
übergegangen ist. Ein weiteres Märchen, das uns Harzen
(in „Naumanns Archiv" ec. a a. O.) auftischt, kann hier gleich

0 An»> erkling. Pnssavant, der diesen Altar erstmals anfnhrl,
findet darin schon den nnsgebildelen Stil Zeitbloms.

eingerciht werden. Harzen, welcher mit Beiziehnng aller
möglichen Hypothesen ein anziehendes biographisches Bild von
Zeitblom gefertigt hat, verwertet nämlich eine Erzählung ans
einer Kirchheimer Chronik, welche Sattler, in seiner Württem-
bergischen Geschichte, Grafen Th. 4. 186, publiziert hat, für
seine Zwecke. Dort ist nämlich von einem Meister Bartholme
dem Maler die Rede, der mit andern Kirchheimer Bürgern
de» durch Herzog Eberhard, d. j. von Württemberg, bedräng-
ten Nonnen des Klosters St. Johann beigestanden sei. Ohne
irgend welche anderen Anhaltspunkte über eine Thätigkeit oder
einen Aufenthalt Zeitbloms in Kirchheim u. T. hat man
diese Episode, welche im Jahr 1487 stattfand, mit dem Ul-
nier Meister in Verbindung gebracht. Leider haben fast alle
neueren Kunsthistoriker bis auf Janitscheck herab der doch
ziemlich gewagten Kombination Harzenö Glauben geschenkt
und dieselbe ihren Lesern aufgetischt.
Von den meisten Autoren werden ferner die Kilch-
berger Tafeln in der Stuttgarter Galerie als solche be-
zeichnet, wo der Meister noch durchaus das Gepräge der
flandrischen Schule: eckige Bewegungen, scharfe Zeichnung,
besonders in den hart und etwas klcinbrüchig behandelten
Gewändern, beibehält. Diese frühe Datierung der Bilder
beruht aber hauptsächlich daraus, daß man die Jahrzahl auf
dem noch in der Kirche zn Kilchberg befindlichen Altarschrein
ohüe Flügel 1473 laS und mit diese» Bildern in Beziehung
brachte.
In einer eingehenden Abhandlung im „Repertorium für
Kunstwissenschaft", XII. Bd., 1889, habe ich diese Frage
klar gestellt. Die Hauptpunkte meiner dortigen Aufstellungen
sind folgende: 1) Die Stuttgarter Tafeln, welche ans der
ehemaligen Abelschen Sammlung stamme», gehörten ursprüng-
lich dem Altar in der Schlvßkapelle an und nicht demjenigen
in der Dorfkirche. 2) Der noch jetzt in der Schloßkapelle
vorhandene Flügel mit der knienden Nittersigur eines Herrn
von Ehingen gehörte einst zu dem Altar in der Dorfkirche
und wurde schon vor viele» Jahren von einem früheren Be-
sitzer nebst dem jetzt verschollenen Gegenstück, worauf die
Gemahlin des betreffenden Ritters gemalt gewesen sei, von
der Kirche in das Schloß herübergenommen. 3) Die Jahr-
zahl, die richtig gelesen 1478 (siehe OA.-Beschreibung von
Tübingen, S. 400) heißt, ist ohne Bezug auf die Stuttgarter
Tafeln. Wenn trotzdem Janitscheck mit Lübke noch an der
frühen Datierung der Gemälde festhält und ersterer in einer
Anmerkung bemerkt, es seien die geschichtlichen Belege nicht
gnügend, um die Datierung der Stuttgarter Tafeln im Ge-
gcnsatz zu den Ergebnissen stilkrilischer Prüfung bis über
1494 hinauf zu rücken, so läßt sich das nicht recht verstehen.
Wenn er die Zahl 1494 nennt, welche ich als Jahr der
Erbauung des Kilchbcrger Schlosses angegeben habe, so giebt
er doch dadurch von selbst eine spätere Datierung des Altars
z». Dann dürfte man aber doch auch dem früheren Besitzer
der Bilder, Obertribunalproknrator Abel in Stuttgart, so-
viel Vertrauen zu seiner Kennerschaft schenken, welcher die
Bilder als entschieden späte Leistungen des Meisters (etwa
um das Jahr 1504) ansgegeben hat.
Bezüglich der stilistischen Besonderheiten der Kilchbcrger
Tafeln, gegenüber anderen Werken Zeitbloms, möchte 'ich
noch betonen, daß dieselben in der That recht in die Angen
fallend sind, so stark, daß ich früher annehmen zn müssen
glaubte, eine andere Hand habe dieselben gemalt. Nach wie-
derholter Besichtigung und Vergleichung mit anderen Werken
mnß ich aber gerade in dem leuchtenden Kolorit, dem viel-
brüchigen Faltenwurf, den rundlichen Gesichtern, der beweg-
teren Stellung der Figuren und dergl. die Einflüsse der
 
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