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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

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Bach, Max: Zur Kenntnis der Werke Bartholomäus Zeitbloms
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https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0092

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Sei dem wie ihm wolle, wir hoben uns hier ansschließ-
iich mit den Gemälden zu beschäftigen. Weyevmanu, der ölte
lllmcr Littcrorhistoriker erwähnt (im Kunstblatt von 1830,
S. 64 ff.), wer weiß, cinS welcher Quelle einen Maler
Stöcker oder Stockten unbekannten Taufnamens, der die Bilder
geschaffen haben soll. Nun hat freilich ein Maler dieses Na-
mens existiert, der 1491 ein Bild in die Neidhardsche Kapelle
des Ulmer Münsters malte und auch seinen Namen „Jorg
Stöcker, Maler in Ulm 1520" auf einem Altar in der Kirche
zu Obersiadion nennt. Spätere Autoren, an der Spitze
Grnnciscn und Manch, haben dann die Werkstätte ZeitblomS
als Gebnrtsstätte des AltarS Angeführt und man begann in
der Folge einzelne Teile des Schreins als von seiner Hand
ausgeführt zu bezeichnen. Passavant (1846) glaubt nur die
Flügel der Predella und die BischofSfigurcn der Rückseite von
ZeitblomS Hand ansgeführt; Waagen geht noch weiter, er
weist ihm die ganze Johanneslegende und noch zwei Stücke
von den Passionsscene» ans der Vorderseite zu. Häßler (1859)
erkennt richtig die Thätigkeit verschiedener Meister, worunter
Zeitblom besonders deutlich hervortretc. Schnaase-Eisenmann
(1879) spricht sich nicht bestimmt für Zeitblom ans und sagt ganz
ausrichtig, bei näherer Betrachtung erkenne man verschiedene
Hände, von denen keine für ihn ganz genügt. Auch Manch
in seiner schon 1871 geschriebenen Abhandlung in den Schrif-
ten deö Ulmer Altertumsvereins äußert sich in ähnlicher
Weise über die Johanneöbilder; besonders abweichend im Stile
findet er die unteren Gemälde am inneren Flügel: Johannes
Gefangennehmnng, Enthauptung und das Gastmahl des He-
rodeS. Robert Bischer (1885) will ganz entschieden auch die
Hand B. Singels erkennen, besonders die oberen Bilder auf de»
Innenseiten der äußeren Flügel (Banr a. a. O. Nr. 1, 2, 7 n. 8).
Janitscheck gicbt sich keine weitere Mühe, einzelne Bilder Zeit-
blom selbst zuzuschreiben, doch findet er in den Heiligenge-
staltcu der Rückseite die Vorzüge deö Meisters selbst wieder.
Das sind im großen und ganzen die Resultate der bis-
herigen Forschung, die besonders dadurch noch erschwert waren,
daß man kleine photographischen Aufnahmen der einzelnen
Bilder des Altars hatte. Erst im vorigen Jahre ist es nun
den langjährigen Bemühungen des Hofrats Banr in Blau-
bcuren gelungen, gute Aufnahmen von allen Teilen deö Werks
zu erhalten, die freilich bis jetzt »och nicht im Handel sind,
da derselbe eine größere Publikation H darüber vorbereitet,
von welchen aber einige inzwischen in die „Kunst- und Alter-
tumsdenkmale in Württemberg" anfgenonunen worden sind.
Mein Urteil über den Altar, welches ich mir durch oftmalige
Besichtigung und langjährige Beschäftigung mit der Sache aus-
gebildet habe, geht dahin, daß der Altar wohl nicht bei Zeit-
blom bestellt wurde, sondern einer ganzen Reihe Ulmischer
') An mcr tun gderNed. Von diesem inzwischen in der Fr. M a li-
eg v ld sehen Buchhandlung in Blau b eure n unter dem Titel: „Der Hoch-
altar und das Gestühl im Chor der Klosterkirche in Blanbenren, zwanzig
Photographiedrnckblätter von C. Ebner in Stuttgart, mit einleitendem
Text w., heransgegcben von Karl Banr" erschienenen, sehr cmpfeh-
lungswerten Prachtwerke sind bereits vier Lieferungen ansgegeben. Die
erste Lieferung enthält vier Blätter: 1) Die rechte Seite und Mitte deS
Shrlinschen Chorgestühls; 2) die Geschichte Johannes des Täufers
von Zeitblom; a. Johannes Enthauptung (Tafel 13): l>. Mahl des
Herodes (Tafel 14); 3) c. Grablegung Johannes (Tafel 15); ä. Bei-
setzung des Hauptes (Tafel 16); 4) Predella innere Ansicht,
Christus im Kreise der Apostel (Schnitzwerk); d. äußere Ansicht von
Zeitblom. Die zweite Lieferung giebt die Fortsetzung der Jvhannessccnen
und zwar auf Blatt 1 a. Johannes Abschied von seinen Eltern, b. Jo-
hannes Büßpredigt; auf Blatt 2 a. Johannes tauft im Jordan, l>. die
Deputation der Schristgelehrten. Auf Blatt 3 und 4 sind wieder
Shilinschc Schnitzwerke reproduziert, nämlich der Lcvitenstnhl und Ge-
burt Christi. Lieferung drei enthält: Blatt 1 a. Johannes Strafpredigt
n» Herodes, l>. Johannes Gefangcnnchinnng. Blatt 2. Anbetung der

Künstler, worunter vier Hände deutlich erkennbar sind, in Ac-
cord gegeben wurde. Wäre das Werk ausschließlich in Zeit-
blomö Atelier entstanden, so hätte er sich gewiß an irgend
einer Stelle mit seinem Namen gezeichnet; so konnte das aber
nicht geschehen. Auch war Zeitblom gerade in dieser Zeit
mit den Altären zu Eschach, Heerberg und Hürbel vollauf
beschäftigt und konnte nicht zugleich noch dieses großartige
Werk allein in Arbeit nehmen. Doch ganz ansschließen möchte
ich die Mitarbeiterschaft ZeitblomS nicht, ihn aber keinenfalls
durch untergeordnete Arbeite», wie die Heiligenfiguren auf
der Rückseite oder die Predellaslügel einführen, sondern durch
zwei Darstellungen ans der Johanneslegende ans dem linken
äußeren Flügel unten (Banr a. a. O. No. 9 und 10), näm-
lich die Scene»: wie Johannes seinen Freunden Petrus und
Andreas den in Begleitung seiner Jünger nahenden Christus
zeigt und Christi Taufe im Jordan. Das sind unverkennbare
Spuren Zeitblomscher Kunst an sich tragende Darstellungen,
die sich Zeitblom ohne Zweifel selbst ansgewählt hat, cS sind
Hanptmomente im Leben des hl. Johannes, die einzigen des
ganzen Cyklus, wo Christus selbst dargestellt ist. Mit mir
einig ist darin auch Robert Bischer, obgleich derselbe die Pre-
dellaflügel als eigenhändige Werke deö Meisters besonders
hervorhebt. Ich möchte in dieser Frage ganz dem ver-
storbenen Fr. Dirr beistimmen, der diese Apostelbrnstbilder
auf Grundlage öfterer Vergleichungen des von ihm restaurierten
Ersinger Altars und des AltarS zu Nißtissen dem Jakob Acker
znschreibt. Alle anderen Bilder des Altars weichen mehr
oder weniger von dem leicht kenntlichen Typus des Meisters
ab; die Gestalten auf der Rückseite sind etwas hart in der
Zeichnung, die Drapierung nicht so edel, wie man sie bei
Zeitblom gewöhnt ist. Einige Köpfe gleichen sich ganz. Ganz
abweichend von Zeitblomscher Art sind die Bilder von der
Innenseite des rechten Flügels, welche nach Einigen an Strigel(?)
erinnern; einer anderen Hand gehören an die vier oberen Bil-
der der inneren Flügel, während die vier unteren wieder mehr
an Zeitblom erinnern; man hat sie schon Herlin oder gar
Mart. Schonganer znschreiben wollen. Die vier Bilder des
linken Flügels zeichnen sich, wie schon Passavant bemerkt, durch
einen weit tieferen Ton der Karnation ans. Die vier Passions-
scenen der Außenseite sind rohe Arbeiten der Wohlgemnthschen
Schule. Man hat sich früher alle Mühe gegeben, Inschriften,
Monogramme und Jahrzahlen u. a. an dem Werke zu ent-
decken, welche über den Stifter oder Künstler deö Altars Auf-
schluß geben könnten. Doch findet sich nichts daran als unter
der Madonna im Mittelschreiu das Wappen des Abts Hein-
rich Faber (1475—95), unter dessen Regierung der Altar
ausgeführt wurde. Die beiden als Künstlermonogramme ge-
deuteten Zeichen am Oberschenkel des Mohreukönigs und an
demjenigen eines Dieners beim Gastmahl deö Herodeö sind
hl. drei Könige. Blatt 3. Teil des Chvrgestiihls. Blatt 4. Chor mit
Lettner; Christns am Krenz (Blatt 2—4 Schnitzwerke). Die vierte Liefe-
rung zeigt folgende Darstellungen: Blatt 1 Gesamtansicht des geöffne-
ten AltarS; 2 Mittelschrein von Syrlin; 3 a. Christns und Johannes;
3 d. Taufe Christi von Zeitblom; 4 Deckel des sogenannten AbtsstnhleS.
Die fünfte Lieferung wird den Schluß der auf den Innenseiten des Altars
dargestellten Scencn ans dem Leben Johannes des Täufers, von dessen
Verheißung bis zu seiner Grablegung bringen, welche neben den des
hl. Valentinns in der Galerie in Augsburg den umfangreichsten und
bedeutendsten ans ZeitblomS Hand und Schule erhalten gebliebenen
Chklns bilden. ^Diese auf Hvlz gemalten in ihrer Ursprünglichkeit ivvhl-
erhaltenen 16 Tafeln sind je 1,57 m hoch und 0,85 m breit; die Ab-
bildungen sind im Maßstabe teils vvn 1:6,5., teils vvn 1:7,5. gehalten.
Ein vollständiges, bildliches Werk vom Blanbenrer Hochaltar lag
bis jetzt nicht vor und wurde schon längst gewünscht. Dem ist nun
nbgehvlsen mit vorwärtiger, prciswürdiger Publikation, deren Abbil-
dungen vorzüglich gelungen sind. Der Preis beträgt 2 M. 50 Pf. pro
Lieferung, somit für das ganze Prachtwerk 18 Al.
 
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