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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

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Mone, Fridegar: Kritik der Wappen der Minnesinger aus Schwaben, [18]: ein Beitrag zur Geschichte der christlichen Mystik in Schwaben und Alamannien
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https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0103

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Jahres von Heinrich VII. in der Lombardei znrückgelassen
worden war.
Entscheidend in dieser nnd anderen Fragen ist die mit
Zeichnungen reich illustrierte Chronik des Römerzuges Hein-
rich VII., welche unter dem Namen temporale des Erzbischo-
seS Balduin (Graf von Luxemburg) von Trier (geb. 1286,
1308—50), Bruder des Kaisers Heinrich VII., bekannt ist.
Sie befindet sich jetzt in Coblenz (Provinzial-Archiv) und
wurde mit allen Bildwerken heransgcgeben. Obschon sie etwa
zehn Jahre jünger, als der Manesse-Codex zu sein scheint, ist
sie doch eine wichtige Quelle. Friedrich Böhmer sagt re§esta
imp. I 246—1313, p.XVII.,dieHandzeichnnngen imsogc»annten
temporale seien gleichzeitig, also 1310—1313 gemacht. Jün-
ger als beide Werke sind die Illustrationen, Miniaturen zu
den Gedichten des Königs Robert von Neapel (Ambraser
Sammlung in Wien), welche auf Befehl dieses Königs 1334—42
angefertigt wurden.
Nach dem Tode Heinrich VII. scheint Werner von Hom-
berg in die Dienste zuerst des Hugo della Faginola, Sohn
des Rainer von Cvrmto, den Dante nennt, sich begeben zu
haben 1314. Das geschah zur Zeit, als jener Hugo Fürst
von Pisa war. Mit einiger Wahrscheinlichkeit kann man be-
haupten, daß unser Dichter unter den deutschen Soidtrnppcn
sich befand, welche 1314 Lncca plünderten, und daß er den
Sieg bei Montecatino seinem neuem Dienstherrn erfechten
half. Als letzterer 1316 gestürzt wurde, trat wahrscheinlich
Werner von Homberg in Sold der Doria oder Spinola vor
Genna oder in denjenigen des Marco Visconti, Sohn des
Matthäus von Mailand. Dieses Dienstverhältnis führte ihn
1320 vor Genua, das zehn Monate lang vergeblich von
den Ghibellinen belagert wurde, nnd wo er sein Grab fand.
In welcher Kirche bei jener Stadt seine Leiche beigesetzt wurde,
ist mir nicht bekannt.
Nr 100, bei Zangemeister: Tafel 47. Der Pfeffel.
Daß unter diesem Namen weder der Pfaffe Konrad, der Ver-
fasser des Nolandliedes 1173—1176, noch der Pfaffe Lam-
prccht, le clerc Onmderk 1175 verstanden ist, darf als er-
wiesen angenommen werden.
Der Dichter Pfeffli, der 1239 ein Lobgedicht machte,
führt ein sprechendes Wappen, nämlich einen clericus d. h.
Priester oder Minoristen als Brustbild in blauem Felde.
Der Name Pfeffli entspricht der alamannischen Mundart
nnd kommt bei einem Patriziergeschlechte in Breisach als
Pfeffli im llesenberger Urbar von 1330 vor. Möglich ist
es, daß von dieser Familie der Kupferstecher Johann An-
dreas Pfeffel in Augsburg 1664—1750 und auch der Dich-
ter Gottlieb Konrad Pfeffel in Kolmar, 1736—1809, ab-
stammten. Was das Wappen betrifft, so hat das Brustbild
des Pfäffleins als Helmzier einen roten Kragen nnd ans
der silberne» Birette eine rote Spitze und breiten Pfahl. Ans
dem blauen Schilde ist der Kragen oder die Soutane (?)
weiß mit rotem Halssanme nnd die Birette golden mit roter
Spitze. Dabei fällt zunächst die Farbe des Kragens, der
Soutane nnd der Birette auf. Der Kragen oder die Soutane
sind weiß, weil das Feld blau ist und rot nicht auf blau
stehen darf. Aber es muß auffallen, weshalb die Soutane
oder der Kragen nnd die Birette nicht schwarz sind nnd
wesbalb die letztere eine rote Spitze hat. Das muß einen
besonderen Grund habe». Die richtige Erklärung ist vielleicht
möglich, wenn man die lokalen Verhältnisse der vermutete»
Heimat des Dichters Pfeffli berücksichtigt. Eine weiße Sou-
tane kommt nur dem Papste zu.

Eine Familie „Papst" existierte unter dem Breisganer
Adel im 14. Jahrhundert. Es ist mithin nicht absolut not-
wendig, anznnehmen, daß hier ein Fehler im Manesse-Codex
vorliege, oder daß die Albe in der betreffenden Wappenfignr abge-
bildet sei, in der Helmzier aber ein roter Kragen, weil dieser die
Tracht der kaiserlichen, oder königlichen, oder herzoglichen
Hvfkapläne war. Die Birette hat ans demselben Grnnde
(königlicher oder herzoglicher Hanskaplan) die rote Quaste.
Die Farbe der ersteren: Gold im Schilde und Silber in der
Helmzier ist ebenfalls ein Vorrecht der kaiserlichen oder her-
zoglichen Hofgeistlichkeit.
Die Hohenstaufen (Heinrich VI) haben in Breisach zwei
königliche Präbendar- oder Kaplan-Stellen gestiftet, deren
Inhaber zu der eben beschriebenen Tracht oder Uniform be-
rechtigt waren. Was die Farben bla», Silber nnd rot in
den Wappen des Pfeffti betrifft, so sind dies die Breisacher
nnd zugleich die alamannischen Nationalfarben, welche diese
Stadt von den Zäringern erhalten hat. Ans dem Wappen
und Namen des Pfeffli kann man also seine Heimat mit
einiger Wahrscheinlichkeit Nachweisen. Der Pfeffli war ein
jüngerer Zeitgenosse und Landsmann von Berthvld von Her-
bolzheim (Stadt), früher Heribodesheim. Der letztere lebte
am Hofe des letzten Herzogs von Zäringen, Berthvld V,
1200—1218, nnd bearbeitete die Alexander-Sage.
Es bleibt nur die Frage noch zu erörtern, ob nicht der
Name pseudonym nnd das Wappen fingiert sei. Nach den
im Manesse-Codex nicht seltenen Fällen von pseudonymen Dichtern
nnd erfundenen Wappen ist man versucht oder geneigt, in
dem Pfeffli einen Dichterling zu vermuten, welcher im Ma-
nesse-Codex unter seinem wahren Namen fehlt. Einige Be-
obachtungen führten zur Vermutung, daß der „Pfäfsli" ein
Pseudonym für Berthvld von Herbvlzheim sei. Der Zeit
nach wäre es schon möglich. Das Lobgedicht des Pfeffli auf
den Herzog Friedrich den Streitbaren von Oesterreich ist
1239 verfaßt. Damals konnte Berthvld von Herbolzheim,
der 1218 bei Herzog B. von Zäringen in Breisach war,
wohl noch am Leben und in die Dienste des Herzogs von
Oesterreich getreten sein. —- Für die Stadt Breisach als
Heimat des Dichters Pfäffli spricht auch der Umstand, daß
der blaue Schild seines Wappens einen roten schmalen Schild-
rand im Manesse-Codex chat. Not nnd blau kommen auch
im Breisacher Stadtwappen vor.
Der Name Pfeffel oder Pfäffli führt möglicherweise
auch ans eine andere Spur. Die Form Pfeffel »nd Pfeffl:
ist rheinschwäbisch, d. h. halb pfälzisch, halb schwäbische
alamannisch würde man Pfäfsli oder Pfäffli», bayerisch Pfäf-
ferl sagen. Daö Wort bedeutet an und für sich, d. h. ety-
mologisch nicht einen kleinen oder jungen Pfarrer oder
Pfarrherren, xmrocllus oder pnrocllellus, dafür würde man
pmstor, clericellus oder minoristn sagen, sondern es ist das
Deminutiv von pnpn — xmpellus kleiner Papst oder Päpst-
lein. ES gab im 13. nnd 14. Jahrhundert aber eine
bekannte AdelSfamilic Papst (Pabst xmxm) in Breisach nnd
im Breisgan. Ein Glied derselben war auch Abt in Ettcn-
Heim-Münster. Das Wappen dieser Familie stellte einen
Papst mit Tiara, mit Plnviale, Albe und dreifachem Kreuze
dar. Es ist wohl denkbar, daß ein Sprössling jener Familie
unter dem fingierten Namen Pfäffli und dem entsprechenden
Wappen seine poetischen Leistungen in die Oeffentlichkeit
brachte.
.(Fortsetzung folgt.)
 
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