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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

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Miszelllen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0024

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ßen Saale, der Galerie, der Grolle imd de» vie-
len Kabinette», die alle i»i »»lern Stockwerk
sich befinde», alle keinen ausfallenden Eingang
und keinen Bordergiebel haben nnd dvch so üe-
gncm, so gut eingelcill nnd so gut möbliert sind,
nnd in denen man überhaupt Geschmack findet
ohne Pracht, Der Speisesaal geht auf einen gro-
ßen Garten, der in einem allen Festungswerke
angelegt ist und daher ebenso wnndeibar unregel-
mäßig als das Haus ist, aber ebenso nett als
dieses, Alan findet darin lauter aus- oder ein-
lnnfende Winkel, lieber dem Speisesnal an der
Außenseite finden sich drei Kinderstatncn; das
eine Kind hält den Niß des Gebäudes, das
andere öffnet mit verschlossenen Augen einen
Geldbeutel und das dritte kratzt sich hinter
den Ohren. Der einzige wahre Wert dieser
Figuren beruht vielleicht in der Wahrheit, die
sie andeuten. Der arme Graf Truchseß hat so
viel Weisheit und Baulust wie Salomo, aber
nicht so viel Geld , , , ," Der „lange Truch-
seß" erhielt nach der Thronbesteigung Friedrichs
des Großen, zu dessen Lieblingen er zählte, das
schöne, in Berlin garnisouiereude Dönhofsche Re-
giment und wurde mit dem genannten Bielefeld
nach Hannover nnd London als Spezialgcsand-
ler geschickt, um die Thronbesteigung Friedrichs
des Großen anznzeigen; bei seiner Zurnckknnst
ward er Generaladjutant Friedrichs des Gro-
ßen, als welcher er einen sehr einflußreichen Wir-
kungskreis Halle nnd Oberhofnieister nnd Hof-
marschall des präsumtiven Thronerben Prinzen
Wilhelm; im Jahr 1744 bekam er den schwar-
zen Adlervrden nnd wurde das Jahr darauf
Generallieuienant, fand aber schon im selben
Jahr am 4 Juni den Heldentod in der Schlacht
von Hohenfricdberg. Ein Enkel dieses langen
tapferen Waldbnrg war der (im Jahr 1776 zn
Tangermünde geb,, 1844 Hs preußische General
nnd Diplomat Graf Ludwig Fried, Truchseß-
Waldbnrg-Kapnsligatl, Er war bekanntlich einer
.der preußische) der vier Kommissäre von den
verbündeten Mächten, die im Jahr 1814 Na-
poleon I nach Elba begleiteten nnd hat über
diese Mission interessante Auszeichnungen hinter-
lassen. Nach denselben empfing n, a, vor
Avignon die aufgeregte Menge den Zug mit
Napoleon I mit dem Nus: cV das Is t)-rai>, Is
coguin, Is xuenx, In Organ siel das Volk
sogar den Wagen des Exkaisers an, der sich
hinter den General Bertrand verdeckte. Eine
Viertelstunde weiter wurde Napoleon wegen der
großen Aufregung des Volkes so beunruhigt,
daß er sich als Bvrreiter verkleidete nnd in ab-
getragenem blauem Nock nnd Hnt, mit weißer
Kokarde vor dem Wagen trabte. In Saint-
Cannat getraute er sich wegen Gefahr der Ver-
giftung nichts zn essen, obwohl die andern tüch-
tig znsprnchen. Wegen des ihm voraussichtlich
auch in Aix bevorstehenden Empfanges wollte
er nach Lyon zurück nnd von da über Italien
reisen. Er fragte im Gasthof nach einer gehei-
men Thnre nnd sah nach, ob nicht nötigenfalls
durch das Fenster zu entrinnen sei. Dies war
jedoch vergittert. Das geringste Geräusch regte
ihn ans, Ans seinen Wunsch traten die Kom-
missäre öfters in sein Zimmer, wo sie ihn im-

me in Thräncn fanden. Er bewog den rus-
sischen Kommissär, seinen bekannten grauen Ueber-
rock nnd seinen Hnt anznlegen. Er selbst trug
die Uniform des österreichischen Kommissärs mit
dem Maria-Theresia-Orden, der Mütze des preu-
ßischen nnd dem Mantel deS russischen Kommis-
särs, Im Zimmer übte er sich vorerst in dieser
Vermummung, Endlich bei der Abfahrt stieg
er in den Wagen des österreichischen Kommissärs,
den er bat zu Pfeifen, während der Kutscher
rauchen mußte, um den Glauben nicht anskom-
men zn lassen, daß eine Persönlichkeit von Be-
deutung im Wagen sei. Er kauerte sich halb
schlafend in eine Ecke, Erst in Luc, wo zwei
Schwadronen österreichische Husaren die Be-
deckung ablösten, gab er seine Vermummung
ans. Der Mann, vor welchem die Welt zitterte,
der große Schlachieiimeistcr, als Postreitcr ver-
j kleidet, voll Granen vor der Rache derjenigen,
welche wenige Tage vorher noch seine Untertha-
nen gewesen, das ist freilich ein ungewöhnliches
Bild! Diese Haltung Napoleons, für deren
Richtigkeit man dem Grafen Waldbnrg die Ver-
antwortlichkeit überlassen muß, läßt sich natür-
lich nur ans einer ungemein tiefen moralischen
Depression nnd seelischen Pein erklären; er kannte
ja gewiß in seinem sonstigen Leben keine Angst
nnd Gefahr. Nach dem Friedensschlüsse (im
Jahr 1816) wurde Waldbnrg preußischer Ge-
sandter in Turin; er war mit der (im Jahr 1781
geb,, 1831 ch) Prinzessin Marin Antonia v, Hohen-
zvllern-Hechingen, einer Tochter des Fürsten
Otto, verehelicht. Eine Tochter Waldbnrgs Ma-
ria Antonia ehelichte im Jahr 1822 den sardi-
nischcn General, Grafen Moriz Nikolaus von
Nobilant. —cll.
Der Katzenrösch oder wie Sprich-
wörter ent sie h e n, Hieronymus N ö s ch, einer
der vorzüglichsten Formschneider und Schüler
Albrecht DürerS, liebte die Katzen sehr, vielleicht
ebenso wie in neuerer Zeit der in der Schweiz
geb,, 1814 j- Katzen-Raphael, Gottfried Mind,
welcher bloß Katzen malte (die seinen einzigen
Ilmgang bildeten), nnd namentlich das weiche Fell
seiner Lieblinge so trefflich bildlich darznstellen
verstand, über welches mit der Hand hinzn-
streichen eine der wenigen Freuden seines arm-
seligen Daseins war; nnd in allerneuester Zeit
der Münchener Jul, Adam, die Engländer
Conldery, Walter Hunt, Louis Wain, der Fran-
zose C, Monginot, die Belgierin Henriette Ron-
ner re, Ihren Vorläufer Katzen-Nösch mußten
immer mehrere seiner Lieblinge umgeben. Ans nnd
unter dem Tische waren stets solche Tiere, Als
ihn einmal der große Knnstsrennd nnd Gönner
Kaiser Maximilian I,, welcher an seinen Arbeiten
Geschmack nnd Vergnügen fand, in seinem Künst-
lerheim zn Nürnberg anfsnchte, kam der Künst-
ler mit seinen zahlreichen Freunden aus der
Tierwelt in nicht geringe Verlegenheit, nnd
wollte sie vom Tische jagen. Allein — der
Kaiser ließ es nicht zn, sondern setzte sich neben
seinen Knustlerfrennd hin und die Katzen sahen
ganz ruhig den hohen Gast bei ihrem Herrn fast
unverwandt an. Daher kommt daS Sprichwort:
„Die Katze sieht den Kaiser an!" Ikeslc

-Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
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