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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

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Beck, Paul A.: Der Klosterneubau in Schussenried: ein Beitrag zu Schussenrieds Baugeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0115

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allegorischen Figuren der Kirche und der
verschiedenen Häresieeu, mit seinen weiten
üppig ausgeschmücklen Räumen bildet die
Krvne des ganzen Baues und gedenken
wir, denselben einer besonderen Betrach-
tung zn unterziehen.
Mit der äußeren Ausschmückung ging
auch die innere Ausstattung Hand in
Hand und stach selbe gegen die im „alten
Kloster", wo n. a. der Boden noch mit
Steinen belegt war und die Hellen keine
Oese» hatten, sehr vorteilhast und zur
Annehmlichkeit der Konventnalen ab; so
weiß der Tagcbnchfnhrer n. a. zn berich-
ten, daß auch neue Bettstätten von einem
Tapezier aus Konstanz in das neue Kloster
zngeriehtet worden seien. Der Kloster-
nenban zog manche Fremde an, sich den-
selben einmal anznsehen; an St. Magni-
tag, diesein Scbnssenrieder Nationalfest-
tage, im Jahre 1755 waren daselbst so
viel Gäste versammelt, daß solange Schns-
senried steht, gewißlich nicht geschehen; iu
relectorio speisten 123 Personen, in allem
aber 318 Personen. Pserde wnrde» 105
gezählt. Die Herrn Prälaten Edmund
Sartor von Marchlhal, von Kaisersheim
O. List, und Watdsee Orcl. TLuZust. waren
anwesend. Eine Reihe von Gästen wurde
bereits in dem neuen Kloster beherbergt;
und eben dieser neue Klosterban halte so
viele Gäste hergezogen.
Der Klosterban erforderte eine Unmasse
von Baumaterial, namentlich von Ziegel-
steinen; im Januar und Februar 1756
wurden ans dem „Brandtstein" (e. h. aus
der äußeren Ziegelhnttel und dann auch
ans der inneren etlich 100000 gebrannte
Ziegelsteine zn Konlinuierung des Kloster-
bans ans den Platz hereingeführt. Weil
inan aber solche zn hoch bei 2—3 Klafter
aufeinander gebeugt, geschah öfters, daß
solche wieder über den Hansen gefallen
sind »nd doppelte Mühe verursacht haben.
Im Februar wurden auch wiederum grobe
Fundameulstcine, so man bei Esseudorf
hat sprengen lassen, herbcigcführt. — Am
27. Oktober 1756 hat man wegen Kälte
am Kloster zu bauen und zu mauern anf-
gehört. — Am Fundament wurden die
drei Hauptmauern samt dem Kapitelstie-
geuhaus bis an den „Wasserschlag" ans-
gcsührt bis schier an das alte Kloster
herunter. Doch ist die dritte Mauer ge-
gen Orient nicht gar bis an de» „Wasser-
schlag" gekommen. Dieses Fundament (an j

dem bereits oben erwähnten abgebrochenen
Klosterflügel) hat unsäglich viel rauhe
Steine gefressen; und hat mau sogar mit
Erlaubnis iu fremden Herrschaften spren-
gen müssen, als zu Mutterstellen, Jngol-
diugen u. s. w. Und — weil die eigenen
Schusseurieder Unterthancu nicht erklecklich
waren, alle solche Steine beizubringen, so
ist U. Großkeller Laurenz Aberle ausge-
ritteu und hat die Gemeinden zu Wiuter-
stettenstadt, Jngoldiugeu, Wiutcrstettendorf
und Essendorf nachbarlich um ihre Ehren-
sahrt ersucht, welche es dann für eine
große Ehre geschätzt haben und wohlauf-
geladen anhergekommen; ihnen wurde Wein,
Bier, Brot, Käs und Futter für ihre
Pferde gegeben.
Damit sind die uns zu Gebote stehen-
den Tagebuchsaufzeichnuugeu zu Ende.
Im Jahre 1756 starb Abt Kleber. Sein
Nachfolger, Prälat Nikolaus Eloos ans
Bibcrach, setzte von 1756—1770 den Neu-
bau fort, iu welch' letzterem Jahre der-
selbe — kaum zu einem Dritteile vol-
lendet — wegen zu großer Kosten einst-
weilen Wert wurde. Die bald darauf
auhebeuden laugsährigeu Kriegözeiteu ließen
natürlich au eine Vollendung des riesigen
Baues noch weniger denken. Nicht lauge mehr,
im ganzen kein halbes Jahrhundert, dursten
die Klosterherrn ihre neugeschafseuc» hcrrli-
cheuRäumc bewohnen;dieimJahre 1802/03
erfolgte Aushebung des Neichsstiftö, infolge
welcher dasselbe dem Grafen v. Stern-
berg-Manderscheid als Entschädigung für
seine auf dem linken Nheinufer verlorenen
Besitzungen zugefallen war, und nach
welcher das Kloster fortan „altes und
neues Schloß" hieß, machte der Kloster-
herrlichkeit und auch jedem Gedanken an
eine Baufortsetzung ein Ende. Erst »ach
Versluß von 70 Jahren, nachdem sie teils
zu Beamteuwohnuugeu gedient, teils leer-
gestanden hakten, erhielten die großartigen,
im Jahre 1835 in daö Eigentum des
würltembergischen Staats übergegangenen
Gebäulichkeiten, welche jetzt »och einen
imponierenden Eindruck mache» und immer
ein steinernes aber beredtes Denkmal des
ehemaligen Klosters bleiben werde», wieder
eine eigentliche Verwendung und zwar zu
einer staatlichen Heil- und Psleganskalt,
infolge dessen sie im Innern mehr oder
weniger durchgreifenden baulichen Verän-
derungen und Adaptierungen (s. „Schwab.
Ehronik" Nr. 70 vom 23. März 1877,
 
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