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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

DOI Artikel:
Vogelmann, Albert: Die Bildhauer-Familie Paulus, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0159

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dnrchgemacht hatte, wiewohl keine Nach-
richten darüber vorliegen, wo und bei
welchen Meistern er seine Ausbildung er-
halten habe. In seiner Vaterstadt ließ sich
für seine Jugendzeit kein Bildhauer aus-
findig machen. Die erste Anregung und
Anleitung zum Zeichnen und Modellieren
kann ihm von seinem Vater, dem überaus
gewandten Kunstschrciner, und vielleicht auch
weitere Förderung zu teil geworden sein,
während er selbst später seinen jüngeren
Brüdern Joseph und Johann Georg
hierin noch bessere Dienste zu leisten ver-
mochte. — Wenn von den kolossalen
Steinbildern, Maria und Joh. von
Nepomuk, gesagt wird, daß sie korrekte
Zeichnung und sichere Technik erkennen
lassen, und daß sie, wenn gleich gegen den
Schutzengel znrückstehend, einen würdigen
und erbaulichen Eindruck machen, so wird
wohl kein Einspruch von seiten der Sach-
verständigen hiegegen zu befürchten sein,
lieber die Behandlung im übrigen stim-
men die Ansichten, wie eS in Geschmacks-
fragcn leicht geht, weniger überein. Das
Urteil läßt sich in die Worte zusammen-
sassen: Melchior war für seine Zeit ein
ganz tüchtiger Vertreter scins Knnstge-
wcrbcs. — Lobend muß noch hervorge-
hoben werden, daß nicht nur in diese»
Standbildern, wo cs sich von selbst ver-
steht, sonder» auch in allen Zeichnungen
von ihm und seinen Verwandten der strengste
Anstand gewahrt und jede Nacktheit ver-
mieden ist, cS sei denn, daß sie seit Jahr-
hunderten hergebracht war, nämlich beim
gekreuzigten und beim toten Erlöser.
IX. Nach dein oben bei Johannes P.
ausgesprochenen Grundsätze zählen wir von
Melchiors zahlreichen Kindern, von
denen übrigens mehrere sehr früh gestorben
sind, folgende Söhne ans: 1) Johann Jakob
27. Januar 1699. 2) Christian Joseph
5. März 1701, 3) Antonius Qnarlns
10. Mai 1702, starb 16. Dezemb. 1772?)
st Die OA.-Beschr. sagt S. 922.: „Bildhauer
Anton Paulus, Verfertiger des großen GipS-
ninrnivraltarS der Kirche auf dein Schöneuberg,
der Altäre in der Jcsnilenkirche." Woher diese
Angade stammt, wissen wir nicht. Nach unserer
Ueberzengnng ist der Name Anton für den
Schönenberg jedenfalls unrichtig. Wir fanden
nur obigen Anton P., der aber zu spät geboren
ist, sowohl für die Mitwirkung in der ersten
großen Kirche ans dem Berge als in der nach

4) SnlpicinS ServiliannS 24. Okt.
1703, starb schon 5. Juli 1742 infolge
eines SchlagflnsseS. 5) Franz Xaver 12.
Novbr. 1708. 6) Franz Michael 29.
Sept. 1711.
Von diesen haben wir den Servilia-
nuö oben unter VI. als Maler und Ver-
golder kennen gelernt. Dem dort Vorge-
brachten ist nur noch beizufügen, daß er
schon im Febr. 1736 von der Pflegschaft
der Schönenbergkirche 14 fl. 50 kr. em-
pfing, weil er „zu dem neuen Balten Kin
sBaldachin), was die Schrcinerarbeit an-
belangt, mit Feingold planiert') vergnld,
wie auch bei denen 2 bereu Mitten s Pyra-
miden) die Stäb sambt denen Kugle» auch
mit solchem Gold vergnld". Diese Pyra-
miden, wesentlich aus Spiegelglas, standen
noch bis vor ungefähr 40 Jahren auf dem
Hochaltar, wurden aber wegen Beschädi-
gungen entfernt und sind im Semiuarge-
bäude aufbewahrt. Die Vergoldung ist
echt und stark und noch gut erhalten.
Nur noch von einem zweiten Sohne des
Melchior, nämlich dem Michael, ließ
sich einiges ermitteln, und namentlich fest-
stellen, daß er seines Vaters Kunst aus-
übte. Im November 1759, bereits 48 I.
alt, verehelichte er sich mit Katharina Vogt
von Ellwangen. Unter den Trauzeugen
begegnet uns ein Joseph Koch, ohne Zweifel

der Feuersbrunst von 1709 wieder erneuerten.
Für die Altäre in der Jesuitenkirche (vgl. oben
unter VI.) wäre er nun nicht gerade zu jung.
Dennoch vermuten wir, daß auch hier eine Ver-
wechslung des Vornamens stnltgefunden hat.
Sicheren Ausschluß könnten auch hierüber wieder
nur Rechnungen im K. Filialarchive zu Lndivigs-
burg geben. S. 409 f. desselben Werkes heißt
es beim Kustoriegcbäudc: „lieber dem Portal
schöne Madonna in flacherhabener Arbeit.
Am Portal selbst die Buchstaben L ? U (Anton
Paulus freit)." Auch das könnte der Zeit nach
zur Not ans obigen Anton P. gehen, da der
erste Stein zu diesem Palast am 24. Mai 1720
gelegt wurde. Allein die drei Buchstaben sind
eben am Portal nicht zu finden. Auch ist beim
Sterbetag des obengenannten Anton P. (16. Dezbr.
1772) sein Stand nicht angegeben, wahrend
Melchior und sein Sohn F. Michael in den
Kuchenbüchern ausdrücklich als Bildhauer be-
zeichnet sind. (Ls muß also die Angabe in die
OA.-Beschr. durch irgend eine Irrung hinein-
gekommeu sei».
st Planiervergoldnng — poliert auf Leini-
Kreide-Grnud, im Unterschied von der ein Drittel
billigeren Oelvergoldung, d. h. auf Oelfirniß.
(Der Baldachin ist nicht mehr vorhanden.)
 
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