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thörichten Jungfrauen", die in Frankfurt im Jahre 1808,
also nur wenig später als die Fresken in Neuß, entstanden,
und die eines der wenigen Oelbilder sind, welche aus der Zeit
vor des Meisters erstem Aufenthalt in Nom noch existiren.
Das Bild war, wenn ich nicht irre, bisher im Besitz des
Malers Wittmer in Rom und wurde sofort vom Düssel-
dorfer Galerie-Verein angekauft. Es ist ein merkwürdiges,
an altdeutschen Stil erinnerndes Werk, das, unvollendet wie
es ist, trotz der vorhandenen Zeichnungsfehlcr in einzelnen
Körpertheilen der Figuren und trotz der Blässe und Trocken-
heit der Farbe, doch in der Gesammtauffassung und der
Energie der Behandlung den künftigen Meister ahnen läßt.
Außerdem von demselben Meister die bisher ziemlich unbe-
kannte, nur wenig später entstandene „Pallas, welche die
Weberei lehrt," die noch in der Art der akademischen Kunst-
weise komponirt ist und an künstlerischem Interesse den
„Jungfrauen" bedeutend nachsteht, sowie, wenn ich der chro-
nologischen Entstehung folgen soll, die Cartons zu den Fres-
ken der Villa Masstmi (Dante's Paradies), welche, theils
im Besitze des Königs von Sachsen, theils in dem der Frau
Wolters (bei Düsseldorf), um so interessanter sind, je seltener
sie in Deutschland den Forschern zu Gesichte kommen; so-
dann eine große Reihe von Cartons zu den Fresken der Glyp-
tothek, der Carton zum „jüngsten Gericht" in der Ludwigs-
kirche und einige der Cartons zu dem Cyklus des projek-
tirten Campo Santo in Berlin. Alle diese in der Ge-
schichte der deutschen Kunst bereits ansässigen Werke zu
charakterisiren und zu beurtheilen, ersparen Sie mir gewiß
um so lieber, da bei Gelegenheit ihrer vor 2 Jahren statt-
gehabten Ausstellung in Berlin und in Antwerpen die
„Dioskuren" bereits sich darüber vernehmen ließen.
Ich bleibe, weil wir in einer historischen Ausstellung
sind, dem historischen Faden folgend, zunächst bei Cornelius'
alteren Schülern stehen, unbekümmert darum, ob in den
zuletzt von ihnen geschaffenen Werken sich ein Schulzusam-
menhang mit ihrem Meister zeigt. Der unter ihnen dem
Cornelius einst zunächst und doch bald so weit von ihm
entfernt stehende Kaulbach, der nur schwach vertreten ist
und uns in seinen Werken zum Theil schon aus der Historien-
malerei herausführt, zeigt uns außer einer leider nicht datir-
ten Zeichnung: „Joseph deutet seinen Brüdern die Träume,"
die in ihren Gestalten ganz das Kaulbach'sche Gepräge trägt,
einige Blätter aus dem Cyklus der Goethe'schen Fraueu-
gestalten, nämlich „Eugenie," „Klärchen", „Faust und He-
lena in Umarmung und Kuß", und das uns bisher un-
bekannte, wie es scheint, neueste Blatt „das Mädchen im
Walde," eine artige Komposition nach Goethe's unbedeu-
tendem „getreuen Eckart." Den vielen tadelnden Bemer-
kungen, die bereits über die Blätter gemacht worden sind,
möchte ich noch die hinzufügen, daß ihr Inhalt mit ihren
Dimensionen nicht im Einklang steht.
Kaulbach's Altersgenosse war der von seinem Meister
Cornelius so überaus hochgeschätzte, leider früh ver-
storbene Adam Eberle, von dessen wenigen Arbeiten,
die bekanntlich meistens Zeichnungen sind, wir hier die
letzte, vorzüglichste finden: „die Juden in Babylon," deren
ganze Bedeutung nach allen nur aus dem Leben des Künst-
lers verständlichen Motiven uns Ernst Förster eben so kundig
wie klar anseinandergesetzt hat. (Denkmale, Bd. III.)
Da über eins der letzten Werke des im vorigen Jahre
gleichfalls Heimgegangenen Romantikers Herm. Stilke,
der einst in Düsseldorf und München Cornelius' Schüler
war und sich später in Berlin niederließ, ich meine seine
Bild „Judith und Holofernes" und über den großen Carton
des ihm in der romantischen Richtung verwandten Philipp
Foltz: „Perikles und seine Zeit" ein undankbarer ohne Pro-
gramm und Kommentar nicht recht verständlichen Stoff, der
uns die höchste Blüthe Athens vergegenwärtigt — bereits
früher in d. Bl. gesprochen und „des Sängers Fluch," der
außerdem von ihm vorhanden, eine längst bekannte Er-
scheinung ist, so bleibt unter den älteren Schülern zunächst
nur noch Eug. Neureuth er übrig. Seine monochrome.
in Sepiaton ausgeführte, reiche Komposition: „Cornelius
unter seinen Schülern und Kunstgcnossen" (1861) ist, wie
so manche Bilder dieser Art, ohne Aufklärung über die
einzelnen Persönlichkeiten nicht recht verständlich. Im
ornamentalen Arabesken-Stile höchst gewandt und geistvoll
angelegt, scheint sie voll sinnreicher Motive zu sein.
(Forts. folgt.)
* Kassel, 25. August. (Erwiederung. Schluß) Der
Umstand, daß sich die Presse lebhafter mit Sachen der Kunst
beschäftigt, seit der neue Verein seine Wirksamkeit begonnen,
wird gleichfalls als Mittel zur Verketzerung des neuen
Vereins benutzt. Empört ruft der.Herr Korrespondent
aus: das ist Reklame für den neuen Verein; das sind über
alles Maaß gehende Meßannoncen! Beruhigen sie sich,
mein Herr! Sehen Sie die die Sache unbefangen an und
nicht durch die neidische Brille eines Kunstfreundes vom
alten Verein, und Sie werden erkennen, daß Sie blinden
Lärm machen. Die Presse zur Besprechung von Kunst-
fragen zu benutzen, ist der geeignetste Weg, um die Auf-
merksamkeit des Publikums der Kunst zuzuwenden und seinen
Geschmack zu leiten. Hat doch selbst der alte Kunstverein
früher, wie bekannt, in rechter Würdigung dieser Wahrheit,
mehrfach große Summen aufgewendet, um nur seine Aus-
stellungen besprochen zu sehen. Und ob die lobende Benr-
theilung von Kunstwerken eines Cornelius oder Kaulbach
Reklame oder Meßannonce sei, das überlassen wir der
Entscheidung der unbefangenen Leser dieser Blätter. Zu-
dem dürfte es dem Herrn Korrespondenten nicht unbekannt
sein, daß der größte Theil der Beurtheilungen nicht von
Comitömitgliedern des neuen Vereines, sondern von zwei
Malern rühren, welche in gar keiner Verbindung zum Co-
mito stehen.
Was weiter die Finanzlage des neuen Vereines be-
trifft, so kann sich jeder Einsichtige selbst sagen, daß ein
solches Unternehmen nicht gleich im ersten Jahre einen
Ueberschuß ergeben kann, zumal wenn schon im ersten Jahre
Ankäufe gemacht werden. Die Nvthwendigkeit der Aus-
gaben ist leicht einzusehen, wenn man bedenkt, daß es sich
um Gründung und vollständige Einrichtung des Vereines
handelte, daß derselbe mit Lokalschwierigkeiten zu kämpfen
hatte und sich zu einer hohen Miethe verstehen mußte, daß
einzelne Künstler Reisen zu unternehmen hatten, um die
nothwendigen Verbindungen anzuknüpfen. Auch das ist
nicht schwer zu begreifen, daß die Verwaltnngskosten eines
Vereines, der tagtäglich ausstellt, ganz andere sein müssen,
als die eines Vereines, der alljährlich ein Mal ein Lebens-
zeichen von sich giebt. Daß sich die Künstler und das
Publikum nach der Finanzlage eine schlechte Meinung von
der Wirksamkeit des Vereins gebildet hätten, ist eine Be-
hauptung, die völlig aus der Luft gegriffen und durch kein
thatsächliches Moment unterstützt ist. Freilich, wenn Pu-
blikum und Künstler sämmtlich Kunstfreunde des alten
Vereines wären! —
Was endlich über das tzom neuen Verein angekaufte
Bild Bendemann's „Ulysses und Penelope" und die Motive
des Ankaufs gesagt ist, so wird ein Jeder Ihrer Leser im
' Hinblick auf den Werth des Bildes diese Äußerungen zu
würdigen wissen und begreifen, daß diese Motive nur in
der Phantasie des Herrn Korrespondenten vorhanden sind.
Sie sehen, wenn wir den Herrn Korrespondenten Schritt
für Schritt folgen, so lösen sich leicht seine Zweifel in Nichts
auf, und übrig bleibt nur — die fast komische Angst eines
Kunstfreundes vom alten Verein!
Nachschrift der Redaktion. Wir haben natürlich
dieser Entgegnung Raum gönnen müssen, bitten aber beide
Herren Korrespondenten, diese Fehde, welcher der Kunst
selbst wenig Vortheil bringen dürfte, nicht weiter auszu-
dehnen. Wir werden daher nur noch der Widerlegung
thatsächlicher Unrichtigkeiten Raum geben, und betrachten
im Uebrigen die Sache selbst für erledigt.
thörichten Jungfrauen", die in Frankfurt im Jahre 1808,
also nur wenig später als die Fresken in Neuß, entstanden,
und die eines der wenigen Oelbilder sind, welche aus der Zeit
vor des Meisters erstem Aufenthalt in Nom noch existiren.
Das Bild war, wenn ich nicht irre, bisher im Besitz des
Malers Wittmer in Rom und wurde sofort vom Düssel-
dorfer Galerie-Verein angekauft. Es ist ein merkwürdiges,
an altdeutschen Stil erinnerndes Werk, das, unvollendet wie
es ist, trotz der vorhandenen Zeichnungsfehlcr in einzelnen
Körpertheilen der Figuren und trotz der Blässe und Trocken-
heit der Farbe, doch in der Gesammtauffassung und der
Energie der Behandlung den künftigen Meister ahnen läßt.
Außerdem von demselben Meister die bisher ziemlich unbe-
kannte, nur wenig später entstandene „Pallas, welche die
Weberei lehrt," die noch in der Art der akademischen Kunst-
weise komponirt ist und an künstlerischem Interesse den
„Jungfrauen" bedeutend nachsteht, sowie, wenn ich der chro-
nologischen Entstehung folgen soll, die Cartons zu den Fres-
ken der Villa Masstmi (Dante's Paradies), welche, theils
im Besitze des Königs von Sachsen, theils in dem der Frau
Wolters (bei Düsseldorf), um so interessanter sind, je seltener
sie in Deutschland den Forschern zu Gesichte kommen; so-
dann eine große Reihe von Cartons zu den Fresken der Glyp-
tothek, der Carton zum „jüngsten Gericht" in der Ludwigs-
kirche und einige der Cartons zu dem Cyklus des projek-
tirten Campo Santo in Berlin. Alle diese in der Ge-
schichte der deutschen Kunst bereits ansässigen Werke zu
charakterisiren und zu beurtheilen, ersparen Sie mir gewiß
um so lieber, da bei Gelegenheit ihrer vor 2 Jahren statt-
gehabten Ausstellung in Berlin und in Antwerpen die
„Dioskuren" bereits sich darüber vernehmen ließen.
Ich bleibe, weil wir in einer historischen Ausstellung
sind, dem historischen Faden folgend, zunächst bei Cornelius'
alteren Schülern stehen, unbekümmert darum, ob in den
zuletzt von ihnen geschaffenen Werken sich ein Schulzusam-
menhang mit ihrem Meister zeigt. Der unter ihnen dem
Cornelius einst zunächst und doch bald so weit von ihm
entfernt stehende Kaulbach, der nur schwach vertreten ist
und uns in seinen Werken zum Theil schon aus der Historien-
malerei herausführt, zeigt uns außer einer leider nicht datir-
ten Zeichnung: „Joseph deutet seinen Brüdern die Träume,"
die in ihren Gestalten ganz das Kaulbach'sche Gepräge trägt,
einige Blätter aus dem Cyklus der Goethe'schen Fraueu-
gestalten, nämlich „Eugenie," „Klärchen", „Faust und He-
lena in Umarmung und Kuß", und das uns bisher un-
bekannte, wie es scheint, neueste Blatt „das Mädchen im
Walde," eine artige Komposition nach Goethe's unbedeu-
tendem „getreuen Eckart." Den vielen tadelnden Bemer-
kungen, die bereits über die Blätter gemacht worden sind,
möchte ich noch die hinzufügen, daß ihr Inhalt mit ihren
Dimensionen nicht im Einklang steht.
Kaulbach's Altersgenosse war der von seinem Meister
Cornelius so überaus hochgeschätzte, leider früh ver-
storbene Adam Eberle, von dessen wenigen Arbeiten,
die bekanntlich meistens Zeichnungen sind, wir hier die
letzte, vorzüglichste finden: „die Juden in Babylon," deren
ganze Bedeutung nach allen nur aus dem Leben des Künst-
lers verständlichen Motiven uns Ernst Förster eben so kundig
wie klar anseinandergesetzt hat. (Denkmale, Bd. III.)
Da über eins der letzten Werke des im vorigen Jahre
gleichfalls Heimgegangenen Romantikers Herm. Stilke,
der einst in Düsseldorf und München Cornelius' Schüler
war und sich später in Berlin niederließ, ich meine seine
Bild „Judith und Holofernes" und über den großen Carton
des ihm in der romantischen Richtung verwandten Philipp
Foltz: „Perikles und seine Zeit" ein undankbarer ohne Pro-
gramm und Kommentar nicht recht verständlichen Stoff, der
uns die höchste Blüthe Athens vergegenwärtigt — bereits
früher in d. Bl. gesprochen und „des Sängers Fluch," der
außerdem von ihm vorhanden, eine längst bekannte Er-
scheinung ist, so bleibt unter den älteren Schülern zunächst
nur noch Eug. Neureuth er übrig. Seine monochrome.
in Sepiaton ausgeführte, reiche Komposition: „Cornelius
unter seinen Schülern und Kunstgcnossen" (1861) ist, wie
so manche Bilder dieser Art, ohne Aufklärung über die
einzelnen Persönlichkeiten nicht recht verständlich. Im
ornamentalen Arabesken-Stile höchst gewandt und geistvoll
angelegt, scheint sie voll sinnreicher Motive zu sein.
(Forts. folgt.)
* Kassel, 25. August. (Erwiederung. Schluß) Der
Umstand, daß sich die Presse lebhafter mit Sachen der Kunst
beschäftigt, seit der neue Verein seine Wirksamkeit begonnen,
wird gleichfalls als Mittel zur Verketzerung des neuen
Vereins benutzt. Empört ruft der.Herr Korrespondent
aus: das ist Reklame für den neuen Verein; das sind über
alles Maaß gehende Meßannoncen! Beruhigen sie sich,
mein Herr! Sehen Sie die die Sache unbefangen an und
nicht durch die neidische Brille eines Kunstfreundes vom
alten Verein, und Sie werden erkennen, daß Sie blinden
Lärm machen. Die Presse zur Besprechung von Kunst-
fragen zu benutzen, ist der geeignetste Weg, um die Auf-
merksamkeit des Publikums der Kunst zuzuwenden und seinen
Geschmack zu leiten. Hat doch selbst der alte Kunstverein
früher, wie bekannt, in rechter Würdigung dieser Wahrheit,
mehrfach große Summen aufgewendet, um nur seine Aus-
stellungen besprochen zu sehen. Und ob die lobende Benr-
theilung von Kunstwerken eines Cornelius oder Kaulbach
Reklame oder Meßannonce sei, das überlassen wir der
Entscheidung der unbefangenen Leser dieser Blätter. Zu-
dem dürfte es dem Herrn Korrespondenten nicht unbekannt
sein, daß der größte Theil der Beurtheilungen nicht von
Comitömitgliedern des neuen Vereines, sondern von zwei
Malern rühren, welche in gar keiner Verbindung zum Co-
mito stehen.
Was weiter die Finanzlage des neuen Vereines be-
trifft, so kann sich jeder Einsichtige selbst sagen, daß ein
solches Unternehmen nicht gleich im ersten Jahre einen
Ueberschuß ergeben kann, zumal wenn schon im ersten Jahre
Ankäufe gemacht werden. Die Nvthwendigkeit der Aus-
gaben ist leicht einzusehen, wenn man bedenkt, daß es sich
um Gründung und vollständige Einrichtung des Vereines
handelte, daß derselbe mit Lokalschwierigkeiten zu kämpfen
hatte und sich zu einer hohen Miethe verstehen mußte, daß
einzelne Künstler Reisen zu unternehmen hatten, um die
nothwendigen Verbindungen anzuknüpfen. Auch das ist
nicht schwer zu begreifen, daß die Verwaltnngskosten eines
Vereines, der tagtäglich ausstellt, ganz andere sein müssen,
als die eines Vereines, der alljährlich ein Mal ein Lebens-
zeichen von sich giebt. Daß sich die Künstler und das
Publikum nach der Finanzlage eine schlechte Meinung von
der Wirksamkeit des Vereins gebildet hätten, ist eine Be-
hauptung, die völlig aus der Luft gegriffen und durch kein
thatsächliches Moment unterstützt ist. Freilich, wenn Pu-
blikum und Künstler sämmtlich Kunstfreunde des alten
Vereines wären! —
Was endlich über das tzom neuen Verein angekaufte
Bild Bendemann's „Ulysses und Penelope" und die Motive
des Ankaufs gesagt ist, so wird ein Jeder Ihrer Leser im
' Hinblick auf den Werth des Bildes diese Äußerungen zu
würdigen wissen und begreifen, daß diese Motive nur in
der Phantasie des Herrn Korrespondenten vorhanden sind.
Sie sehen, wenn wir den Herrn Korrespondenten Schritt
für Schritt folgen, so lösen sich leicht seine Zweifel in Nichts
auf, und übrig bleibt nur — die fast komische Angst eines
Kunstfreundes vom alten Verein!
Nachschrift der Redaktion. Wir haben natürlich
dieser Entgegnung Raum gönnen müssen, bitten aber beide
Herren Korrespondenten, diese Fehde, welcher der Kunst
selbst wenig Vortheil bringen dürfte, nicht weiter auszu-
dehnen. Wir werden daher nur noch der Widerlegung
thatsächlicher Unrichtigkeiten Raum geben, und betrachten
im Uebrigen die Sache selbst für erledigt.