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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

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Heft 7 (April)
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Zimmermann, Ernst; Osborn, Max: Prof. O. Eckmann - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0032

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3i8

Dr. Max Osborn—Berlin:

Nach einander unternahm er es, die Metall-
waarenfabrikation, die Textil-Industrie, die
Möbel-Architektur und schliesslich das Ge-
sammtgebiet der Innendekoration zu erobern.
Natürlich stützte er sich vielfach auf An-
regungen des Auslandes. Aber er suchte
die Lehren seiner Vorgänger in freier Selb-
ständigkeit in sich aufzunehmen und seine
stilistische Sicherheit war von vornherein
stark genug, um seinen Arbeiten stets einen
durchaus persönlichen Karakter zu wahren.
An Angriffen, bissigen wie witzigen, hat es
ihm dabei keineswegs gefehlt, doch auch
nicht an seltenen Erfolgen, deren wichtigster
die Berufung zum Lehrer der dekorativen
Malerei an die Schule des Berliner Kunst-
Gewerbe-Museums (1897) gewesen ist.

Nacht-Tischchen mit drehbarer Platte für Bücher.
Im Besitze des Barons v. d. K.

Als ein Befreier erschien Eckmann in
seinen ersten dekorativen Arbeiten. Er be-
siegelte die Absage der jüngeren Künstler
an die Trivialitäten der landläufigen Formen-
sprache durch die That, und predigte, gestützt
auf das Vorbild der Japaner, mit vernehm-
licher Stimme die Rückkehr zur Natur.
Unter denen, die uns Deutschen den pikanten
Reiz und die eigenartige graziöse Schönheit
der japanischen Kunst vermittelt haben, steht
Eckmann an erster Stelle. Mit den Farben-
Holzschnitten und den Buchschmuck - Ent-
würfen betrat er dies neue Land, um es
nie wieder zu verlassen. Nicht die gealterte
Zierkunst früherer europäischer Glanzepochen
und ihre erstarrten Formeln studirte er,
sondern das stilistische Prinzip der Künstler
von Nippon und, von ihnen angeregt, das
weite Reich der ewig jungen Natur um
ihrem unerschöpflichen Reichthum immer
neue Motive unmittelbar zu entnehmen.
Diesen direkten Weg einzuschlagen, blieb
der Gegenwart vorbehalten. Die Klein-
künstler der gothischen Zeit verstanden es
gewiss, Blumen und Kräuter nachzubilden;
aber sie vermischten diese naturalistischen
Züge zwanglos mit traditionellen Orna-
menten älterer Perioden. Die Renaissance
flocht alles in ihr nach den Gesetzen der Sym-
metrie harmonisch geschwungenes Ranken-
werk. Das Rokoko Hess den Blumen-Zierrath
hinter dem Schnörkelwerk des Rahmens,
das ihn umgab, zurücktreten. Erst unsere
Zeit gewann, dank dem Einflüsse der
Japaner den Muth, die Naturform selbst
zu stilisiren und auf alle weiteren Zuthaten
zu verzichten. Eckmann ist einer der Bahn-
brecher auf diesem Wege gewesen. Er
suchte, um einen adäquaten Ausdruck für
die eigenthümlichen Empfindungen der
Menschen von heute zu gewinnen, die sich
von denen aller vergangenen Generationen
so vielseitig unterscheiden, nach neuen, un-
verbrauchten Formen. Er zeigte, dass im
Reiche der Botanik nicht nur der Akanthus,
sondern auch jedes fürstliche wie proletarische
Mitglied der deutschen und exotischen Blumen-
welt bei richtiger Behandlung dekorativ ver-
wendbar ist: die schlanke Lilie, die von der
Mutter Natur selbst schon stilisirt zu sein
 
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