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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

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Heft 7 (April)
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Zimmermann, Ernst; Osborn, Max: Prof. O. Eckmann - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0033

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Eckmann's kunstgewerbliche Thätigkcit.

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PROF. OTTO ECKMANN. Schreibtisch-Lampe
für Se. Kgl. Hoheit den Grossherzog von Hessen.
Ausgeführt VOIl OTTO SCHULZ—BERLIN.

scheint, und die excentrische Orchidee ebenso-
gut wie Clematis und Krokus, wie Alpen-
veilchen und Marguerites, Farrenkräuter und
Kastanienblätter, Kornblumen und Lauch-
Rüthen und wie allerlei höchst »gemeine«
Moose und Algen. Das Unwesentliche wird
nach japanischem Muster ausgeschaltet, und
allein die entscheidenden Linien, Formen und
Flächen werden übernommen. Und ebenso
ergeht es den zoologischen Motiven, die Eck-
mann zulässt. Die stolze Majestät des Schwans,
dessen geschwungene Linien so wundervoll
ornamental wirken, hat er bereits in den Holz-
schnitten gern benutzt. Nun kehrt die schöne
Gestalt des königlichen Thieres allenthalben
wieder, in feierlicher Ruhe und in zorniger
Erregung, still durch die Fluten eines Sees
dahingleitend oder mit ausgebreiteten Flügeln
über die Wasserfläche schwebend. Ueber-
schlanke Flamingos kommen hinzu mit der
grotesken Grazie ihrer langen Hälse und
Beine. Der gravitätische Pelikan meldet sich
zum Wort, und die eitle Pracht der Pfauen
gibt mannigfache Anregungen. Hier hockt
ein Frosch und dort fliegen, sitzen, kriechen

leichtbeschwingte Schmetterlinge. Das ganze
Reich der Natur wird mobil gemacht, und
Eckmann sieht einen Stolz darin, immer
neue Provinzen diesen Zwecken zu erobern.
Er geht hier viel weiter, als die Engländer
je gegangen sind. In seiner frisch zugreifenden
Keckheit, die jedoch ein natürlicher Takt vor
Extravaganzen bewahrt, ist er munterer, beweg-
licher, mannigfaltiger als sie, und sucht bewusst
auf diesem Wege die Lehren des deutschesten
Kunststils der Vergangenheit, der Gothik, die
mit allumfassender Liebe die heimische Flora
und Fauna aufnahm, in modernem Sinne neu
zu beleben. Karakteristisch für des Künstlers
Art ist dabei die schmiegsam-graziöse Schlank-
heit des Aufbaus, im einzelnen Ornament
wie im komplizirten dekorativen Gebilde.
An dem Biegen und Beugen, dem Neigen
und Grüssen der Linien, an dem harmonischen
Rhythmus der Konturen erkennen wir seine
Hand-Schrift unter Hundert heraus.

Brome-Vase. Ausgef. von OTTO SCHULZ—BERLIN.
 
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