Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten (6.1900)

Grundriss des Erdgeschosses: Die Ateliers der Künstler.

gegen Kunstministerien, frei von jedem Streit ob Alt und Neu, vertrauend auf
ein naiv empfindendes Volk und auf eigene Kraft musste dieser Gedanke in
einer Form erstehen, die nicht der heutigen gewohnten Art entspricht, sondern
weit voraus eilt, und Zukünftiges mit einschliesst. Wenn Kunst bisher zeigen
wollte, wie viel an Stärke und Güte errungen wurde, so konnte dies nur in
jenen üblichen Kaufladen-Wirthschaften geschehen, die alljährlich diese Leis-
tungen aufnehmen und feilbieten. Ich glaube kaum, dass in jenen weiten Sälen
und langen Gängen die Werthe der Kunstschöpfungen so recht zum Ausdruck
kommen, wo doch nur der grössere Schreier dem einfachen Farbensänger
gegenüber den Vortheil erringt. Oder sollte, wenn wir beispielsweise den
Gesichts- mit dem Gehörsinne vertauschen, ein gleichzeitiges Schreien, Flüstern,
Toben und Weinen in verschiedenen Tempi's, in verschiedener Intensität in solchen
weiten Sälen und langen Gängen möglich sein, um mit derselben Stumpfheit
und Gleichgiltigkeit darin herum zu wandeln, wie jetzt in den Gallerien? Ich
glaube kaum! Wohl ein vernichtendes Zeugniss, wie viel noch fehlt bis zu
jenem feinen Empfinden des Gesichtssinnes, das einem den Ekel mit auf den
Weg von solchen Häusern geben muss. Und doch wie schön, und doch wie
einfach, gemüthvoll lässt sich Kunst geniessen! Vorerst den Jahrmarkt heraus
aus dem jetzt üblichen Programm! Fort mit den grossen weiten Sälen, in denen
der Maassstab für kleine Schönheit verloren geht, fort mit der Talmi-Stimmung, die
solche Räume menschlicher machen soll; fort mit dem grossen verhängten Loch an