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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

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Heft 8 (Mai)
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Die Einweihung des Künstlerhauses in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0125

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407

PIE EINWEIHUNG PES KüNSTLERtlAUSES IN MÜNCHEN.

as Schmerzens - Kind
unter den neueren
Münchener Bauten
war das Künstler-
haus. Kaum jemals
ist ein Bauwerk
während seiner Ent-
stehung so befehdet,
so grimmig angefeindet und belächelt worden,
wie das neue Künstlerhaus. Selten wohl
sind alle betheiligten und unbetheiligten
Kreise in und ausserhalb der Stadt so
spottend und lästernd über die Leiter des
Baues geradezu hergefallen, wie gerade
hier über den Baumeister Seidl und seinen
treuen Genossen Lenbach. Aber selten
auch haben der Baumeister und der Maler
mit ihrem vollendeten Werke jene Spötter
ihres Unrechts so glänzend überführt, wie
eben diese Beiden, Lenbach und Seidl, allein
durch die drei wahrhaft schönen Festtage am
29., 30. und 31. März, die der Einweihung
des Künstlerhauses galten.

Mit diesem Feste ward so recht klar,
was dem Einen wie dem Anderen vorge-
schwebt hatte. Ein Festhaus haben sie
schaffen wollen — und wahrlich, das ist
ihnen gelungen. Abseits von der Strasse
in einem alten malerischen Winkel schmiegt
es sich selbst malerisch dem Strassen-
und Stadtbilde an, niedere Baulichkeiten
liegen davor, von deren flachem Dach man
hinunterschaut in den prächtig geschmückten
und dennoch gemüthlichen Hof, und jenseits
des brunnen- und bildwerkverzierten Hofes
strebt der Hauptbau in die Höhe — das
Haus für den einen einzigen mächtigen
Raum, den Fest-Saal. Wie an den Mauern
und im Hofe, so ist in diesem Saale, seinen
Vorräumen und dem Treppenhause alles zur

Ausschmückung verwendet worden, was die
besten Kunst-Epochen vergangener Zeiten
an Vorbildern uns zurückgelassen haben.
Und in der That ist nicht einzusehen, warum
wir Modernen uns nicht an antiken Statuen,
an Donatello's Bildwerken, an Lenbach'schen
Kopien Tizianischer Bildnisse, italienischen
Deckenmalereien und den herrlichen Linien
edler Giebelformen im Geiste der deutschen
Hoch-Renaissance erfreuen sollen? Wenn
wir uns immer bewusst bleiben, dass alles
dies dem einen Zwecke dient, einfach einen
Prachtraum ohne die heute so beliebte pro-
grammmässige Bestimmung zu schaffen,
einen Raum, der nur Selbstzweck hat, der
nur ein künstlerisch vollendetes Kleinod sein
soll — dann sind wir sicher mit dem zu-
frieden, was uns die Meister in dem
Künstlerhause dargebracht haben.

Und wie ist der Raum, und mit ihm das
Haus eingeweiht worden! Die ganze Pracht
und Herrlichkeit der grossen kunstfrohen
Zeiten, nicht nur italienischer und spanischer
Vergangenheit, that sich vor den Theil-
nehmern auf. Wo es heute gilt, Pracht zu
entfalten, da kommt der schwarze Frack
der glänzenden Militär-Uniform gegenüber
in's Hintertreffen — hier musste auch die
Uniform auserlesenen Kostümen von Männern
und Frauen weichen. Und wo heute ein
grosses Essen den Glanzpunkt eines Festes
bildet, da vereinen sich gar selten die Wünsche
der Gastgeber mit den Erwartungen der
Geladenen. Hier aber herrschte Einklang,
Symphonie bis in's Kleinste. Die Blüthe
der Münchener Dienerschaft in wunderbaren
Gewandungen bereitete den Tafelnden den
Genuss sich in's Königsschloss aus dem
Märchen versetzt zu glauben, die prunkvollen
von Mohren umhergetragenen Schaugerichte,
 
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