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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

DOI Heft:
Heft 9 (Juni)
DOI Artikel:
Schulze, Paul: Die Webekunst in Krefeld
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0153

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Die Webekunst in Krefeld.

4-9

nicolav. Signet Scheidges.

zusammen, thätig, um
auf 18786 mechani-
schen und Hand-
stühlen die nöthigen
Sammt- und Seiden-
stoffe, sowie Bänder
zu erzeugen, um
einen Jahres - Um-
schlag von 75923534
Mk. zu erzielen. Für
über 39000000 Mk. Waaren blieben davon
in Deutschland, fast 18 000 000 Mk. nahm
England auf, während sich der Rest auf
andere Länder vertheilte. 40 Färbereien
sorgten für Färbung des nothwendigen Mate-
rials mit einem Aufwand an Arbeitslöhnen
von 2240706 Mk. Die von den Webereien
gezahlten Löhne für Weben, Winden und
Scheeren beliefen sich auf 14076245 Mk.,
während sie an die Färbereien und Appretur-
Anstalten 7 415 708 Mk. abführten. Das
sind gewaltige Zahlen. Wohl bedarf es dazu
der ganzen Energie, rastlosen Fleisses und
grosser Umsicht, um auf dem Weltmarkte
im scharfen Wettbewerb der Nationen stets
auf der Höhe zu bleiben. Sind doch die
ewig wechselnde Mode und der stetig
schwankende Preis des Rohmaterials zwei
Faktoren, die stets im Auge gehalten werden
müssen. Die launische Göttin »Mode«, die
vom Frühling zum Herbst und von diesem
wieder zum Frühjahr Neues verlangt, hält
die Fabrikanten stets in Athem und stellt
grosse Anforderungen an die Erzeugungs-
fähigkeit der Krefelder Musterzeichner. Diese
sind ein geplagtes Völkchen, sie sollen ge-
recht werden den Sprüngen des Mode-Ge-
schmackes, sie müssen Rücksicht nehmen
auf Herstellungsart und Material und dürfen
nie vergessen, dass ihr Schaffen ein künst-
lerisches ist, welches jeder Kritik stand
halten muss. Die den Aufschwung der
Krefelder Industrie feststellenden Zahlen sind
gleichzeitig ein Beweis ihres künstlerischen
Könnens. Verständen sie nicht die Waaren
durch ihren Kunstgeschmack entsprechend
zu schmücken, würden diese nicht den
Wettbewerb siegreich bestehen. Es ist nicht
möglich, eine so gewaltige Industrie in so
engem Rahmen, wie er hier gegeben ist,

erschöpfend zu behandeln. Es muss ge-
nügen, kurz anzuführen, dass die Herstellung
seidener und halbseidener Kravattenstoffe
einen breiten Raum in Krefeld einnimmt.
So winzig die Musterung für diesen Zweck
meist ist, erfordert sie doch viel Geschmack
und es ist eine grosse Zahl tüchtiger Zeichner
unausgesetzt dafür thätig. Durch Abbil-
dungen ihrer Erzeugnisse sind in diesem
Heft vertreten die Firma Eugen Vogelsang
mit Mustern nach Zeichnungen Carl Meyer's,
sowie die Firma Audiger & Meyer, die nicht
nur in Krefeld, sondern nach Errichtung
der hohen Zollschranken in Amerika auch
daselbst, und zwar in New-Jersey bei
Patterson Fabriken besitzt. Adolj Simon,
der auch für andere Zwecke entsprechende
Entwürfe in diesem Heft vorführt, arbeitet
gleichfalls seit langer Zeit für die Kravatten-
Stoffmusterung, wie seine hier beigegebenen
Entwürfe im neuzeitlichen Stil beweisen.
(Seite 424). Neben der Kravattenstoff-Fabri-
kation wird auch diejenige seidener Damen-
Kleiderstoffe und Schirmstoffe in hervor-
ragender Weise gepflegt. Wilh. Schroeder
& Co. dürfte unstreitig die bedeutendste
Firma auf dem Gebiete der Seidenstoff-
Fabrikation in Krefeld sein. (Seite 421).
Ihre grossartigen Webereien liegen nicht
nur in Krefeld, sondern auch in Mörs, Hüls,
Brandenburg u. a. O. mehr. Eine grosse
Rolle spielt ferner in der Krefelder Industrie
der Sammt — wenn ihn die Mode verlangt;
thut sie es nicht, kann dieser schöne Artikel,
der tausende fleissiger Hände zu beschäftigen
im Stande ist, recht zum Schmerzenskinde
werden. Die Krefelder Band-Industrie steht
hinter den eben genannten drei grossen
Gruppen von Seiden-Erzeugnissen — Kra-
vattenstoffe, Kleiderstoffe und Sammt —
zurück, doch ist auch ihr Umfang von nicht
zu unterschätzender
Bedeutung. Nicht
unerwähnt darf die
Herstellung prächti-
ger Seiden-, Sammt-
u. Goldbrokatstoffe
bleiben, wie sie
für den Dienst am

Altar in der katho- NICOLAY. Signet Halfmann.

1900. ix. 8.
 
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