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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

DOI Heft:
Heft 9 (Juni)
DOI Artikel:
Schliepmann, Hans: Vom alten und neuen Flach-Ornament
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0155

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Hans Schliepmann: Vom alten und neuen Flach-Ornament.

431

Vqm alten unp neuen
FIÄCti-ornament, mm

(Fortsetzung.)

Ich habe schlagende Beispiele. Ich kann mit
einer Abbildung in einem guten Berliner
Kunstblatt aufwarten; dort zeigt sich als
»Wandmalerei« eine, sagen wir wohlwollend
»ulkige Fratze«, aus Blutegel- und Regen-
würmerlinien zusammengesetzt; als echte
Züge des Precieusenthumes haben die Linien
hier und da Unterbrechungen, eine weisheit-
volle Stilisirung der Stege bei der Patronen-
malerei! — Nun, wär's eine gelegentliche
Spielerei, so könnte man immerhin noch
ein wenig lächeln. Wird dies aber für
eine Leistung von akademischer Muster-
giltigkeit und Vorbildlichkeit angepriesen,
so ist das einfach traurig, jedenfalls für
mich beweisend! — —

Trotzdem! Ich übertreibe allerdings
ein wenig, denn ich vergesse die Entschul-
digung : Wer sich aus alten Banden losmachen
will, geräth leicht in das entgegengesetzte
Extrem. Der Renegat ist stets fanatischer

ADOLF SIMON. Buch-Emband mit Handvergoldung.
AUSGKF. V. E. WELTER NACHF. (H. SCHAEFFER), KREFELD.

AUREL PEILER. Buch-Emband mit Handvergoldung.
AUSGEFÜHRT VON WILHELM PEILER—KREFELD.

als der im Glauben Gebliebene. Und unsere
modernen Künstler mussten alle etwas Rene-
gat werden, wenn sie von der Epigonenkunst
los wollten. Wir wollten die Ueberlieferung
nicht mehr, weil sie uns immer wieder zur
Nachahmung verführte; aber wir übersahen,
dass wir das Kind mit dem Bade ausschütteten,
dass wir ein ABC-schützenthum noch keine
Lebenserfüllung in der Kunst nennen können.
Wir mussten von vorn anfangen; aber wir
können andererseits doch unsere Kultur nicht
zurückschrauben und uns mit einer Versim-
pelung begnügen, wenn rund um uns die
Zeugen einer reichen Vorzeitkunst zum Ver-
gleiche herausfordern.

Andererseits wieder soll auch gar nicht
geleugnet werden, dass bei so inbrünstigem
Verweilen auf einem einzelnen Element der
Kunst, wie es die Linie ist, auch wirklich
eine Bereicherung herausspringt. So wäre
es ungerecht, nicht anzuerkennen, dass z. B.
unser trefflicher Otto Eckmann wirklich auf
seinem Sondergebiet neue Formen und Linien
gefunden, für die Buchverzierung (»Pan«
und »Jugend«) entschieden bahnbrechend ge-
wirkt hat. Auch die bedeutenden Dekaden-
ten, Maeterlinck und Verlaine, haben ja un-
 
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