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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

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Heft 12 (September)
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Osborn, Max: S. Bing's "Art nouveau" auf der Welt-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0294

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558 Dr. Max Osborn: Bing's »Art nouveau« auf der Welt-Ausstellung.

ausgesprochenen Karakt er seiner speziellen
Zweckbestimmung, und doch sind alle dem
grossen Hauptgesetz unterthan. Dies Haupt-
gesetz aber lautet: Es soll eine Vermittel-
ung oder noch besser eine organische
Verbindung der französischen Tradition
mit den modernen, dem künstlerischen Em-
pfinden der Gegenwart entsprungenen Mo-
tiven hergestellt werden. Darum behielt
Bing vor allem die kleine und niedrige
Form des Pariser Zimmers bei und suchte
so die lauschig-pikante Boudoir-Intimität des
alten französischen Salons zu retten. Nicht
minder wurden für die einzelnen Theile die
Ueberlieferungen des Louis XV.-, Louis XVI.-
und Empirestils, die noch heute die Innen-
Dekoration in Frankreich insgemein beherr-

schen, sein Ausgangspunkt. Und nun be-
ginnt die Vermittelungsarbeit. Die alten
Grundformen werden übernommen, aber
nicht sklavisch nachgebildet, sondern durch
Benutzung der neuen Ideen modifizirt,
im Anschluss an die komfortable Zweck-
mässigkeit der amerikanischen, an die
ruhige Eleganz der englischen, an die
konstruktive Logik der belgischen Möbel
weitergebildet. Stark ist besonders der
Einfluss der Belgier, hauptsächlich van de
Velde's, aber auch Lemmen's und anderer
Brüsseler Künstler. Ihre gewundenen Linien
sind an die Stelle der alten Ornamente ge-
treten, sie ersetzen den lustigen Rokoko-
schnörkel ebenso wie die Rosetten und
würdigen Zierrathe des Empire. Doch wohl-

GAILLARD.

Speisezimmer, Paneel und Wandbrett.
 
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