Wclt-Ausstellungs- Glossen.
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Werken. Und nicht ohne Neid, wenn man
aus Berlin kommt und im Stillen seufzend
daran denkt, wie in der Hauptstadt des
Deutschen Reiches solche Aufgaben gelöst
werden, wie falsch Wallot's Reichstag, wie
verkehrt Begas' Kaiser-Denkmal, wie un-
glücklich Raschdorff's Dom hier aufgestellt ist!
% ■ * ......
Der glänzenden Gesammt-Anlage ent-
sprechen die Einzelheiten freilich nicht. Die
französischen Architekten haben sich alles
in allem arg blamirt. Das grosse Kunst-
palais von Deglane, Louvet und Thomas ist
völlig misslungen. Seine Sandstein-Fassade
ist viel zu niedrig für das riesenhafte Glas-
dach, das man in Paris den schlafenden
Walfisch getauft hat, sein äusserer Schmuck
ist gänzlich verfehlt, und im Innern ist es
ein Muster von Unübersichtlichkeit und un-
logischer Anordnung. Die Gebäude des
Marsfeldes sind unerträglich nüchtern, die
Paläste der Invaliden-Esplanade mit ihren
aufgeklebten Rokoko-Ornamenten und Baum-
kuchenaufsätzen unerträglich überladen, die
kleineren Gebäude zu Ausstellungs- und
Vergnügungs-Zwecken mit verschwindenden
Ausnahmen von unerlaubtem Jahrmarkts-
Karakter. Wo ist der moderne Stil hin-
gerathen, den man vor elf Jahren im Eiffel-
thurm und in der grossen, nunmehr in
mehrere Theile zerschnittenen Maschinenhalle
emporsteigen sah? Nur an einer einzigen
Stelle ist er zum Ausdruck gekommen: in
den ausgezeichneten Hallen der Gartenbau-
Ausstellung von Gautier. Sie haben den
Karakter mächtiger und doch graziöser Treib-
häuser. Grosse Glashallen erheben sich, von
einem Palmenhause überragt. Mit Behagen
folgt das Auge den Rippen ihrer Eisen-
konstruktion; zwischen den durchsichtigen
Scheiben, in denen sich das Licht der Sonne
lustig spiegelt, wird nur diskreter Schmuck
sichtbar: zierliches Gitterwerk in weissem
oder zartgrünem Anstrich, der nur von stili-
sirten Blumen in lichtem Rosa unterbrochen
wird. Neben diesen kostbaren Bauten ver-
schwindet alles, was die französischen Bau-
meister im modernen Sinne geschaffen haben.
GEORGES DE FEURE —PARIS.
Sofa aus dem Salon.
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Werken. Und nicht ohne Neid, wenn man
aus Berlin kommt und im Stillen seufzend
daran denkt, wie in der Hauptstadt des
Deutschen Reiches solche Aufgaben gelöst
werden, wie falsch Wallot's Reichstag, wie
verkehrt Begas' Kaiser-Denkmal, wie un-
glücklich Raschdorff's Dom hier aufgestellt ist!
% ■ * ......
Der glänzenden Gesammt-Anlage ent-
sprechen die Einzelheiten freilich nicht. Die
französischen Architekten haben sich alles
in allem arg blamirt. Das grosse Kunst-
palais von Deglane, Louvet und Thomas ist
völlig misslungen. Seine Sandstein-Fassade
ist viel zu niedrig für das riesenhafte Glas-
dach, das man in Paris den schlafenden
Walfisch getauft hat, sein äusserer Schmuck
ist gänzlich verfehlt, und im Innern ist es
ein Muster von Unübersichtlichkeit und un-
logischer Anordnung. Die Gebäude des
Marsfeldes sind unerträglich nüchtern, die
Paläste der Invaliden-Esplanade mit ihren
aufgeklebten Rokoko-Ornamenten und Baum-
kuchenaufsätzen unerträglich überladen, die
kleineren Gebäude zu Ausstellungs- und
Vergnügungs-Zwecken mit verschwindenden
Ausnahmen von unerlaubtem Jahrmarkts-
Karakter. Wo ist der moderne Stil hin-
gerathen, den man vor elf Jahren im Eiffel-
thurm und in der grossen, nunmehr in
mehrere Theile zerschnittenen Maschinenhalle
emporsteigen sah? Nur an einer einzigen
Stelle ist er zum Ausdruck gekommen: in
den ausgezeichneten Hallen der Gartenbau-
Ausstellung von Gautier. Sie haben den
Karakter mächtiger und doch graziöser Treib-
häuser. Grosse Glashallen erheben sich, von
einem Palmenhause überragt. Mit Behagen
folgt das Auge den Rippen ihrer Eisen-
konstruktion; zwischen den durchsichtigen
Scheiben, in denen sich das Licht der Sonne
lustig spiegelt, wird nur diskreter Schmuck
sichtbar: zierliches Gitterwerk in weissem
oder zartgrünem Anstrich, der nur von stili-
sirten Blumen in lichtem Rosa unterbrochen
wird. Neben diesen kostbaren Bauten ver-
schwindet alles, was die französischen Bau-
meister im modernen Sinne geschaffen haben.
GEORGES DE FEURE —PARIS.
Sofa aus dem Salon.