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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 14.1904

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Rapsilber, Maximilian: Ernst Moritz Geyger
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https://doi.org/10.11588/diglit.7009#0053

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M. Rapsilber—Berlin: Ernst Moritz Geyger.

WASSERSPEIENDER BÄR. BRONZE AUF GRANIT-BECKEN (lEBENS-GR'ÖSSE).
IM BESITZ DES KÜNSTLERS. I903.

erfreut im besonderen die feine Beobachtung
der Gelenke, des anatomisch virtuosen Spiel-
beins, der freien Bewegung der Wirbelsäule,
des Mechanismus der Schulter- und Becken-
Achse und des grimmigen Sarkasmus in
dem intelligenten Gesicht. Es ist kein Witz
an diesem Werk inszeniert, dieses Hohn-
lachen des Monsieur Pavian über die platte
Neger-Visage ist den vornehmen Affen-
Geschlechtern durchaus zu eigen. Sehr kenn-
zeichnend sind die diesem Bildwerk hier bei-
gegebenen Pavianstudien aus dem Jahre 1902,
Zeichnungen von feinster Differenzierung der
anatomischen Eigentümlichkeiten des Cyno-
cephalus hamadryas. Ein Meisterwerk an sich
ist denn auch der nach der Natur gezeich-
nete Paviankopf, in welchem der Karakter
wie die Seele des angeblich bösartigsten

Affen unvergleichlich zum
Ausdruck gekommen ist.
Übrigens ist der grüne
Pavian der erste Affe,
welcher auf alten Kunst-
Denkmälern , zumal auf
den ägyptischen, in die Er-
scheinung tritt. — Gegen-
wärtig arbeitet Geyger
an einer monumentalen
Bronzevase in ungewöhn-
lichen Abmessungen von
1,80 m Durchmesser und
1,70 m Höhe. Sie ist auf
die wuchtige Breite, die
kolossale Schwere und die
imponierende Masse ange-
legt mit grossen Schatten-
wirkungen. In den stark
hervortretenden Reliefs
symbolisiert sich die Ver-
leumdung, das scheusälige
Ungeheuer, welches mit
dem kalten eklen Schlangen-
leib die Blüten der Mensch-
heit streift, welches das
Rund der Erde umspannt,
um über die Opfer der Ver-
leumdung teuflisch zu trium-
phieren. Da sehen wir, wie
die Schlange das Gemüt des
Weibes vergiftet hat, vom
Weibe geht die Schlange aus und ringsum
laufend kehrt sie zum Weibe zurück. Da
personifiziert sich in einem Christuskopf
der göttliche Urgrund des Menschentums, in
einem Männerkopf die Würde der Natur
und weiter zerrt die Schlange die Kinder,
das Bild der Unschuld, in die Schlingen
des Verderbens. Und das Weib triumphiert.
Die glasige Kälte des Hasses schillert aus
den schräg gestellten eckigen Augen, die
Satan selber gebildet zu haben scheint.
Eine ganz merkwürdige Schwermut schaut
aus den Gebilden dieser Vase, die gleich-
sam einen Markstein bildet zwischen zwei
Lebensabschnitten, in deren tiefe Höhlung
alles Leid begraben wird, damit der geläuterte
Genius nunmehr zum herrlichsten Höhen-
fluge sich anschicke. m. rapsilber—berlin.
 
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