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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 14.1904

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K. H. O.: Joseph Kowarziks neuere Arbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7009#0071

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422

Joseph Kowarziks neuere Arbeiten.

joseph kowarzik—frankfurt a. m. Der Zoologe Geh. Rat A. Weismann

(für freiburg i. b. ausgeführt.)

Frau klingt es davon wieder, wie eine in
sich geklärte, nicht als Härte empfundene
Resignation dem Leben gegenüber, dem die
Kunst Sonne ist, liegt es über diesen beiden
Menschen. Das Anschmiegen des Weibes
ist rührend, das leichte Zueinanderneigen der
Köpfe im Vergleich zu der Pose der ver-
schränkten Arme des Mannes mit dem »ich
lass' es an mich herankommen«, ist ein Aus-
rufungszeichen nach einem Lebensabschnitt.
Und in solcher Sprache treten alle diese
Schöpfungen zu uns in Beziehung; sie alle
verkörpern mehr das Gewordene als das
Werdende, mehr ruhmvollen Frieden als
sieglosen Kampf, jedenfalls aber nicht auf-
gegebenen Kampf, sondern überwundenes
Kämpfen. Man vergleiche daraufhin die

psychologisch tief begrün-
dete Einordnung der Arme
in die Büsten. Die Büste
des Zoologen Weismann,
wie die Hans Thomas sind
Meister - Schöpfungen, in
ihnen liegt die Vornehm-
heit der Kunst Kowarziks,
in der Wollen und Können
in bestem Einklang stehen,
im Sinne des bewussten
Einhaltens aller Grenzen
der Bildnisplastik in edlem
Material. — Diese beiden
Büsten, von denen die
Hans Thomas vom Gross-
herzoge von Baden für die
Kunsthalle in Karlsruhe
erworben worden ist, zählen
— ganz abgesehen von
der überzeugenden karak-
teristischen Porträttreue der
dargestellten Vertreter von
Kunst und Wissenschaft —
zu unseren besten männ-
lichen Porträtbüsten über-
haupt. Das sind Zeit-Por-
träts Mitlebender, die wir
uns vergegenwärtigen kön-
nen aus ihrem Lebenswerke
heraus. Wer jemals das
Glück hatte, mit Thoma
ein Stündchen zu plaudern
in dessen Atelier, dem wird neben der kleinen
Gestalt — mit der er Menzel nur um weniges
überragt —■ sicher der prächtige Kopf von nicht
gerade ausgesprochenem Künstlertyp (Menzel
leidet ja darunter auch nicht) wohl aber eines
gutherzigen, vertrauensvollen Seelenmenschen
in Erinnerung geblieben sein. Nur scheint
auf diesem Gesicht ein noch stillerer, mehr
entsagender Zug gegen früher zu liegen. Ich
las früher von den gefurchten, aber nicht ver-
grämten Zügen die Seele eines grossen, guten
Kindes. Thoma und Steinhausen würden sich
zu einem herrlichen Doppelbildnis verschmelzen
lassen. Vielleicht könnte ein solches Doppel-
bildnis dieser beiden seltenen Künstler-
Karaktere als Dank Frankfurts im Städelschen
Institut Aufstellung finden. k. h. o.
 
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