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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 14.1904

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Schulze-Köln, Otto: Malerin Clara Walther - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7009#0085

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436

Malerin Clara Walther—Berlin.

sam hinaus wollen, ihre geschlecht-
liche Individualität leugnen. Clara
Walthers Kunst ist so rein von allem
Gesuchtem, von allem Tendenziösem,
von allem Aufdringlichem. Das ist
eigenes Leben aus dem Vollklang
der Weibesseele, der uns Männern
so unendlich viel Schönes, Geheim-
nisvolles zu sagen hat. Man vertiefe
sich in die fleissigen, fein nüancierten
Bildnis-Studien auf Seite 436 und
437. Solche Köpfe sind ja an sich
dankbare Modelle, aber hier scheinen
doch die Studien mehr als eine
blosse Abschrift zu bieten. In ihnen
liegt schon ein Teil dessen, was die
Bilder »Rast«, »Abend« und »Auf-
gewacht« (Siehe Seite 434 und 435)
in erhöhtem Maße zum Ausdruck
bringen, so etwas wie Abendläuten
an der Schwelle der Sonnenwende
im Leben des Weibes, jenes Ein-
samkeitgefühl, das der Mann nie
kennt. Hier ist eine Kunst voll
tiefen Feiertagsklanges. Das gibt

clara walther-berlin.

(Aus dem Skizzenbuche der Künstlerin.)

Rötel-Studie.

clara walther—berlin.

Die Mutter der Künstlerin. Kohle-Studie.

uns Hoffnung, an eine Zukunft,
an einen Aufstieg der spezifisch
weiblichen Kunst glauben zu
dürfen. Wenn sich die jetzt so
persönlich äussernden Kräfte
zusammenschliessen würden,
alle die sonstigen Mitläufer
ausscheidend, denen die Kunst
— gleich, ob hohe oder an-
gewandte — doch nur eine an-
genehme Nebenbeschäftigung
oder Nadelgeldaufbesserin ist,
dann würde man künftig auch
mit Achtung von einer solchen
Kunst sprechen können bei
unseren Schwestern, die einen
Lebensinhalt bedeutet für die,
die sie üben, und für die, die
sich an so echter Lebens-
äusserung zu erfreuen ver-
mögen. Das würde uns allen
ungeahnte Perspektiven eröff-
nen , das würde ein wahres
Schulter an Schulter mit dem
Manne bedeuten. — o. sch.— k.
 
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