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Gifter" Entwürfe aus unserem XIL Wettbewerb,
Das Gitter spielt in der Kultur- wie
Kunstgeschichte eine beachtenswerte
Rolle. Es ist ein ungewöhnlich fein regist-
rierender Gradmesser der Zivilisation, und
in dieser des technischen Könnens und der
Steigerung des Geschmacks. In früheren
Zeiten haftete dem Gitter ein gewisser bar-
barischer Zug an. Es hatte weit über seine
Bestimmung hinausgehende rauhe, verletzende
Ausserlichkeiten; es sollte gleichsam ein
»Kräutlein rühr' mich nicht an« sein, gegen
das unsere Stacheldrahtzäune als harmlose
Abweiser anzusehen sind. Aber wir haben
auch heute noch rohe, brutale Mittel zur
Eigentumssicherung in Anwendung, die
unserer sonstigen Zivilisation unwürdig sind
— ich meine Glasscherben und Spiesser auf
Mauern und die Spitzen der Gitter.
Das Gitter der Renaissance wird schon
zum Kunstwerk, das des Barock- und Rokoko-
Stils mit Palmenzweigen, Laub- und Blumen-
guirlanden erfährt sogar eine poetische Um-
schreibung der Grenzsicherung und des
Eigentumschutzes. Und so soll auch ein
Gitter mehr abgrenzen, abschliessen, aber
nicht abwehren, vor allen Dingen nicht ab-
schrecken, oder gar, wie das noch häufig
der Fall ist: harmlos Neugierigen die Hände
verletzen und die Kleider zerreissen. Wenn
so etwas im eigenen Hause vorkommen kann,
wie an Treppen- und Brüstungsgittern —
und solcher Fälle sind noch heute häufig —
so bedeutet das natürlich ein völliges Ver-
sagen der künstlerischen Absicht. Solche
Mängel darf kein Gitter zeigen. Es soll
nur abgrenzen, einschliessen, aber doch wohl
bei Völkern der weissen Rasse so, dass es
keine Rauheiten, kein Abstossen zeigt, das
vielmehr auch dritten vergönnt, sich an den
hinter ihm geborgenen Kostbarkeiten und
Naturschönheiten zu erfreuen. Auch bei
Banken und sonstigen Schatzhäusern können
Gitter gegen Einbruchs versuche bei aller
Stabilität und Sicherheit noch so gestaltet
sein, dass sie schön, ja in gewisser Hinsicht
im Sinne des Kulturfortschritts wirken. Die
hier abgebildeten Gitter-Entwürfe zeigen ge-
rade in dieser Hinsicht einen ungewöhnlichen
Fortschritt, eine Wohlanständigkeit bei schönen
Wirkungen. Kein einziger Entwurf verstösst
gegen derartig billige Forderungen, alle zeigen
in der Hauptsache auch die sittlich fort-
bildende Tendenz des neuen Stils, nach
welcher Richtung derselbe, durch manche
platte Äusserlichkeit verunglimpft, leider noch
immer zu wenig gewürdigt wird. o. sch.—k.
hermann könig—magdeburg
Gitter-Entwurf. Lobende Erwähnung.
Gifter" Entwürfe aus unserem XIL Wettbewerb,
Das Gitter spielt in der Kultur- wie
Kunstgeschichte eine beachtenswerte
Rolle. Es ist ein ungewöhnlich fein regist-
rierender Gradmesser der Zivilisation, und
in dieser des technischen Könnens und der
Steigerung des Geschmacks. In früheren
Zeiten haftete dem Gitter ein gewisser bar-
barischer Zug an. Es hatte weit über seine
Bestimmung hinausgehende rauhe, verletzende
Ausserlichkeiten; es sollte gleichsam ein
»Kräutlein rühr' mich nicht an« sein, gegen
das unsere Stacheldrahtzäune als harmlose
Abweiser anzusehen sind. Aber wir haben
auch heute noch rohe, brutale Mittel zur
Eigentumssicherung in Anwendung, die
unserer sonstigen Zivilisation unwürdig sind
— ich meine Glasscherben und Spiesser auf
Mauern und die Spitzen der Gitter.
Das Gitter der Renaissance wird schon
zum Kunstwerk, das des Barock- und Rokoko-
Stils mit Palmenzweigen, Laub- und Blumen-
guirlanden erfährt sogar eine poetische Um-
schreibung der Grenzsicherung und des
Eigentumschutzes. Und so soll auch ein
Gitter mehr abgrenzen, abschliessen, aber
nicht abwehren, vor allen Dingen nicht ab-
schrecken, oder gar, wie das noch häufig
der Fall ist: harmlos Neugierigen die Hände
verletzen und die Kleider zerreissen. Wenn
so etwas im eigenen Hause vorkommen kann,
wie an Treppen- und Brüstungsgittern —
und solcher Fälle sind noch heute häufig —
so bedeutet das natürlich ein völliges Ver-
sagen der künstlerischen Absicht. Solche
Mängel darf kein Gitter zeigen. Es soll
nur abgrenzen, einschliessen, aber doch wohl
bei Völkern der weissen Rasse so, dass es
keine Rauheiten, kein Abstossen zeigt, das
vielmehr auch dritten vergönnt, sich an den
hinter ihm geborgenen Kostbarkeiten und
Naturschönheiten zu erfreuen. Auch bei
Banken und sonstigen Schatzhäusern können
Gitter gegen Einbruchs versuche bei aller
Stabilität und Sicherheit noch so gestaltet
sein, dass sie schön, ja in gewisser Hinsicht
im Sinne des Kulturfortschritts wirken. Die
hier abgebildeten Gitter-Entwürfe zeigen ge-
rade in dieser Hinsicht einen ungewöhnlichen
Fortschritt, eine Wohlanständigkeit bei schönen
Wirkungen. Kein einziger Entwurf verstösst
gegen derartig billige Forderungen, alle zeigen
in der Hauptsache auch die sittlich fort-
bildende Tendenz des neuen Stils, nach
welcher Richtung derselbe, durch manche
platte Äusserlichkeit verunglimpft, leider noch
immer zu wenig gewürdigt wird. o. sch.—k.
hermann könig—magdeburg
Gitter-Entwurf. Lobende Erwähnung.