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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 14.1904

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Lasser, Moritz Otto von: Franz von Lenbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.7009#0173

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524

Moriz Otto Baron Lasser: Franz von Lenbach f.

bie 6efd]id]te feiner erfolge aufzuzeichnen. Cr malt bie Großen biefer erbe, er betritt
ben Uatikan, er rjulbigt bem einbeitlidien beutfcrjen Reidie, inbem er bie 3üge beffen,
ber es gefcrjroeißt, Bismarcks, für alle 3eiten feftbält, ja ber Freunb biefes Gewaltigen roirb.

Das Ceben Cenbad]s roar ein Feft geroorben, ber Sdiauplat? feines Wirkens, fein
Atelier befcbroor ben ölanz alter Tage berauf, unb jebem Durcrjfcrjreitenben rourbe
bie Stunbe allba zu einer nollen TDeitje... IDer feft unb als ITTann im Dollen Ceben
ftebt, bem trägt bie Cebensrooge all ihre Sdiäße heran. So feben roir aud] Franz
Don Cenbad] reid] an Golb unb ehren werben, unb ein Freunb fein benen, bie
ITTündiens TTamen als Kunftftabt in alle TDelt hinaustragen, eines Gabriel Seibl, eines
Dn. Georg fjirtrj u. a. Cr ift ibnen aber nid]t nur Freunb, er ift in manchen Stunben
aud] Fübrer — bas Künftlerbaus, fein Cieblingsrounfd] erftebt im Glanz ber Sonne, bie
Innen = Flrd]itektur Derbankt ihm roertDalle Taten. - Die beutfcbe JTIalerei, ja bie ber
ganzen TDelt Derbankt ibm unenblidi mebr. TTid]t bes großen Könners, bes UTeifters audi
bes fjanbroerks in ber Kunft gebenke id], idi gebenke nid)t beffen, ber bie Technik
bereidiert bat, bie unDergänglid]e ITTalroeife ber Riten uns roieber achten hieß — bem
Seelenerfpürer, =Finber unb =Sd)ilberer möchte id] bie koftbarften TDorte tDibmen. Gr, ber
hinter bem einzelnen ber fcheinbaren 3ufälligkeit bas Große, bas eroig=Umformenbe ficht,
bem bas Hntlitz jener Frau, biefes ITTannes bas Ceben zeigt, roie es läd]elr, benkt, leibet,
zum Kampfe fchreitet, Dom Kampfe ausruht, er oerbient in TDabrbeit, baß man feinen
TTamen mit golbenen Cettern ins golbene Budi ber TTTenfcbbeit Icrjreibt... - TDobl keiner
- nur roenige haben es Dor ihm Dermod]t - roirb nad] ihm fo bie Seele feftbannen
unb auf uns überflrömen laffen, roie er. Sein fcharfer Geift, fein eminenter Blick für
bas karakteriftifche, fie helfen bem JITeifter einzubringen in bie Derfchloffenften Tiefen
bes inneren Cebens, bas er bann im Bilbe uns anfchaulid] machte. TDie im Traume,
als Genie fchafft er. Gr ficht nur unbeutlich bie realen Dinge, ein Kleib, einen Rock,
ja felbft fjänbe unb Figur feines ITTobells, aber rouditig unb zart, überlegen, unb ergriffen
fchreibt er bie Cinien ber TTugen, eines TTafenflügels, ber TTTunbroinkel hin unb fiehe
ba: uns grüßt am Sdiluffe kein Gemälbe... Dor uns fteht ein TTTenfch, ein Schickfal...

Faft enblos fehler breitet fid] bie Reihe feiner herrlid]en Schöpfungen aus. fjolbe
Kinber, Tüäbdienknofpen, erblühte Frauen, ftolze ITTänner bes TDortes in ber Tat hat
er uns gemalt unb in roenigen Strid]en Dft geformt, unb bamit zugleich eine 6efchid]te
feiner 3eit gegeben. Gr gab uns Grnft unb Sd]erz, Sdiönheit unb Tragöbien. Ober ift bas
Bilbnis bes alten Kaiser Wilhelms zu Frankfurt am ITTain nid]t einer Tragöbie Dergleid]bar 1

So runbet fid] nad] unb nad] bas eigne Bilb bes TTTeifters Dn Profeffor Franz Ritter
oon Cenbachs in unfrem Geifte ab, Derklärt fid] unb roirb zum roeißen eroigen Tnarmor.
Ja, fd]ier jetft fchon roill es uns feltfam anmuten, baß er gelebt hat. TDesbalb roar
es beutfd]em Geifte Dorbehalten, fid] fo überaus glänzenb zu manifeftieren ? TDarum
fehen roir Cenbad] nid]t zu 6runbe gehen in einer 3eit, bie in künftlerifcher Beziehung
eben erft erroad]en roollte? TDoher bas Sieghafte feiner Kunft, bie Monumentalität
feines Dafeins, rooher ber tiefe Sdimerz an feiner Bahre1? Denn um ihn trauert Tnünchen,
Deutfchlanb, bie TDelt, fofeme fie ibentifd] mit Kultur. ro

Trauern roir fo fcrjmerzlid] um ihn, roeil er unfere Sehnfud]t erfüllt, uns Reichtum
gefpenbet hat, ba er bie TDelt neu unb tiefer fah 1 Gilt unfer tiefftes Ceib bem TTTenfcben
Cenbad]? fid] nein . . . unfer herbfter Schmerz ift ber: roir haben einen einzigen
Derloren. TDir haben einen Tnann Derloren, ber in ber Kunft unb im Ceben ben TTTut
hatte, zu fein, roer er roar. Der fid] rückhaltlos auslebte. ro

So roirb er benn uns allen teuer bleiben. Fortlebenb in feinen Werken, roirb feine
maditDolle erfcheinung burd] bie Jahrhunberte fdireiten. TPir aber roollen im TTngefidite
feines liditoollen Crbenroirkens TTTut für bie flrena bes Cebens fchöpfen ... ra

lüoriz Otto Baron Caffer.
 
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