Die Gesellschaft Hamburgischer Kunstfreunde.
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Volke, wie Schloss und Schlüssel zu einander
gehören, um ein Tolstoisches Wort anzu-
wenden — als wenn wir hoffen, dass diese
Kunst so im Volke steckt, dass sie in allen
Kreisen unwillkürlich zum Vorschein kommt.
Es liegt i'a auf der Hand, dass in einem
Volke, das in allen Kreisen lebhaften Kunst-
trieb zeigt, ein ganz anderer Nährboden für
die Kunstentwickelung vorhanden ist, als
bei einem andern, wo ein solcher fehlt!
Einmal haben die künstlerischen Keime, die
die Natur, wie immer verschwenderisch
in ihrer Fürsorge für Nachwuchs, über ein
Volk ausstreut, bei einem solchen Nährboden
weit grössere Aussicht auf Entwickelungs-
Gelegenheit — wer weiss, wieviel künst-
lerische Begabung aus Mangel an Anregung
und Gelegenheit heute völlig unentwickelt
bleibt! — zum andern übt der Grad der
weiteren Kreisen eigenen Kunstbetätigung
selbstverständlich einen nicht geringen Ein-
fluss auf die Kunst der Berufskünstler aus.
Je höher sie entwickelt ist, um so höher wer-
den sich die Höhepunkte der Kunst eines
Volkes erheben können, je eigenartiger sie
ist, je mehr sie ausgesprochene Nationalität
zeigt, um so ausgeprägter, um so vollendeter
wird auch das nationale Gepräge der höheren
Kunst sein, je gesunder sie ist, um so lebens-
kräftiger, fruchtbringender wird auch die
höhere Kunst sein! — Ganz abgesehen noch
davon, dass mit lebhafter Kunstbetätigung
weiterer Kreise auch das Kunstverständnis
und -Bedürfnis dieser Kreise steigt, was ja
auch nicht ohne Bedeutung ist!
Zu all dem kommt noch die Erwägung:
Wo ist die Grenze zwischen Künstler und
Dilettant? Gerade in der Hamburger Ge-
sellschaft — und anderswo wird's gerade so
sein — sind Mitglieder, die neben ihrem Be-
ALTE DIELE IN LÜBECK. VON FRL. M. WOERMANN.
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Volke, wie Schloss und Schlüssel zu einander
gehören, um ein Tolstoisches Wort anzu-
wenden — als wenn wir hoffen, dass diese
Kunst so im Volke steckt, dass sie in allen
Kreisen unwillkürlich zum Vorschein kommt.
Es liegt i'a auf der Hand, dass in einem
Volke, das in allen Kreisen lebhaften Kunst-
trieb zeigt, ein ganz anderer Nährboden für
die Kunstentwickelung vorhanden ist, als
bei einem andern, wo ein solcher fehlt!
Einmal haben die künstlerischen Keime, die
die Natur, wie immer verschwenderisch
in ihrer Fürsorge für Nachwuchs, über ein
Volk ausstreut, bei einem solchen Nährboden
weit grössere Aussicht auf Entwickelungs-
Gelegenheit — wer weiss, wieviel künst-
lerische Begabung aus Mangel an Anregung
und Gelegenheit heute völlig unentwickelt
bleibt! — zum andern übt der Grad der
weiteren Kreisen eigenen Kunstbetätigung
selbstverständlich einen nicht geringen Ein-
fluss auf die Kunst der Berufskünstler aus.
Je höher sie entwickelt ist, um so höher wer-
den sich die Höhepunkte der Kunst eines
Volkes erheben können, je eigenartiger sie
ist, je mehr sie ausgesprochene Nationalität
zeigt, um so ausgeprägter, um so vollendeter
wird auch das nationale Gepräge der höheren
Kunst sein, je gesunder sie ist, um so lebens-
kräftiger, fruchtbringender wird auch die
höhere Kunst sein! — Ganz abgesehen noch
davon, dass mit lebhafter Kunstbetätigung
weiterer Kreise auch das Kunstverständnis
und -Bedürfnis dieser Kreise steigt, was ja
auch nicht ohne Bedeutung ist!
Zu all dem kommt noch die Erwägung:
Wo ist die Grenze zwischen Künstler und
Dilettant? Gerade in der Hamburger Ge-
sellschaft — und anderswo wird's gerade so
sein — sind Mitglieder, die neben ihrem Be-
ALTE DIELE IN LÜBECK. VON FRL. M. WOERMANN.