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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 14.1904

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Zimmermann, Ernst: Dresdner Kunst-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7009#0201

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552

Ernst Zimmermann:

A. j. pepino—Dresden. • Mutter und Sind.

Stellungen noch übel genug mitgespielt wird.
Das bedeutet für den Beschauer ein grosses
Plus an Behaglichkeit und Genuss, für die
Werke selber eine bedeutende Stärkung ihrer
Wirkung. Sie macht auch jene Sensations-
und Ausstellungsbilder überflüssig, die lange
genug der Krebsschaden unserer Kunst ge-
wesen sind. Es kommt hier jetzt, wer einmal
hereingelassen, auch wirklich zu Worte.

Ausserlich hat sich hierbei einiges in der
Ausstellung verändert. Wer die Städte-Aus-
stellung im vorigen Jahre nicht gesehen, für
den ist die Umgestaltung der grossen Haupt-
halle, die schon immer der Tummelplatz der
begabtesten Dresdner Architekten gewesen
ist, etwas neues. Um ihr gerecht zu werden,
muss man berücksichtigen, dass sie nicht für
ihren jetzigen Zweck, Skulpturen aufzu-

nehmen, berechnet war. Es fehlen für sie
die ruhigen Hintergrundwände, auch lässt
die barocke Steigerung der Architektur, zu
der die Aufnahme des Abgusses des barocken
umfangreichen sogenannten Marcolini-Brun-
nens, für die diese Umgestaltung ursprüng-
lich geschaffen, zwang, an sich schon keine
rechte Ruhe zu. So konnte hier von vorn-
herein keine solche feierliche Grösse erzielt
werden, wie es Kreis vor zwei Jahren ge-
lang, als er diesen Raum auf Bartholomen
grossartig ernstes Monument >aux morts« zu-
rechtzustimmen hatte. Gänzlich neu dagegen
ist die Ausgestaltung eines kleinen Kuppel-
raums am Abschluss des einen Flügels, die
Wallot unternommen hat. Es ist ein Raum
ganz im assyrischen Stile, einfach und ruhig,
der Hauptschmuck, ein assyrischer Löwen-
fries in farbigem Fliesenrelief an der Kuppel,
doch völlig verfehlt für die Aufnahme von
Statuen, die hier von allen Seiten von einem
so entkörpernden Lichte umflossen sind, dass
jede plastische Wirkung verloren geht. Die
armen Kunstwerke die hier stehen — es
sind Rodins und Meuniers darunter! —
können einem leid tun. Nichts als ihre Licht-
hülle bleibt von ihnen übrig!

Ein grosser Vorzug dieser Ausstellung
bleibt ihre Mannigfaltigkeit. Die Dresdner
Ausstellungen haben ja immer mehr als blosse
Vorführungen moderner Kunst sein wollen.
Ein Stückchen Kunst der Vergangenheit als
Kontrast war immer willkommen. So hat
er hier bekanntlich schon Meissner Porzellan
und Lukas Kranach gegeben; in diesem
Jahre reiht sich ihnen Empire und eine retro-
spektive Ausstellung zur Geschichte der
Malerei des 19. Jahrhunderts an. Beide Ver-
anstaltungen haben entschieden aktuelles
Interesse. Die Empire-Ausstellung zeigt, wo
einst die gesunde Entwickelung der deko-
rativen Kunst stehen geblieben, bevor sie
sich in jene allgemeine Stilverwilderung auf-
gelöst hat, die für das 19. Jahrhundert
karakteristisch ist, aus der wir uns aber jetzt
kaum mehr zu retten vermögen. Sie würde
auch zeigen (hätte man hier auch mehr das
eigentlich wertvolle Empire, das bürgerliche
an Stelle des prunkenden Empires der
Schlösser vorgeführt) auf welchen Grund-
 
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