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Rudolf Klein :
alten Zeit, eine Behandlung des Lichtproblems,
die den frühen Versuchen der Engländer
und Franzosen an die Seite gestellt werden
kann. Und das Auge schweift weiter über
dieses erstaunlich reiche Lebenswerk, das
sich aus den entgegengesetztesten Zügen zu-
sammenfügt, über kleine Landschaften, die
Dupre gemalt haben könnte, über ein Interieur,
das erst unlängst ans Licht gezogen wurde
und an Intimität und Delikatesse den feinsten
Versuchen neuerer Malkunst auf diesem
Gebiet gleichkommt, über Militärstücke, die
trocken und nüchtern sind und nur auf
Berliner Boden wachsen konnten, über
malerisch hervorragende Stilleben und wartet
nur noch auf das eminente Walzwerk, das
man leider der Sammlung nicht einverleibt
hat, da es nach St. Louis ging, die deutsche
Kunst zu vertreten. In Summa: ein Künstler,
der sich auf allen Gebieten, ohne einen
Augenblick seine Eigenheit aufzugeben und
einem Andern etwas zu danken, mit glän-
zendem Erfolg betätigt hat, nur auf dem
Gebiet der reinen Fantasiekunst nicht.
Man gelangt dann in die Berliner Säle
und ich muss gleich vorweg bemerken, dass
der Saal der »Berliner Sezession« von allen
deutschen doch wohl der einheitlichste und
frischeste ist. Das ist umso auffallender,
da, abgesehen von Liebermann, dem Ober-
haupt, die beiden stärksten Mitglieder
Münchener sind, wenigstens ihrer Erziehung
nach, ich meine Slevogt und Corinth. Doch bei
Wahrung des eigenen Ausdrucks malt diese
ganze junge Generation, die sich so über-
raschend schnell gebildet hat, nach einem
Prinzip, das man als Aufrichtigkeit und Solidität
im Malerischen bezeichnen möchte. Vorbild
sind dabei die Klassiker des französischen
Impressionismus. Und man muss gestehen,
es wird nirgendwo heute in Deutschland
in corpere so solide gemalt wie hier. Und
diese Solidität als Ausdrucksvermögen ist
doch schliesslich die Grundlage aller bilden-
den Kunst, wenn auch noch nicht, wie man
in Berlin gern vorgibt, ihr Selbstzweck.
Abgesehen von Liebermanns Werken, die
drei Phasen seiner Entwickelung verkörpern
und hervorragende Leistungen sind, erkennen
wir dieses Vermögen vornehmlich in Corinths
Rudolf Klein :
alten Zeit, eine Behandlung des Lichtproblems,
die den frühen Versuchen der Engländer
und Franzosen an die Seite gestellt werden
kann. Und das Auge schweift weiter über
dieses erstaunlich reiche Lebenswerk, das
sich aus den entgegengesetztesten Zügen zu-
sammenfügt, über kleine Landschaften, die
Dupre gemalt haben könnte, über ein Interieur,
das erst unlängst ans Licht gezogen wurde
und an Intimität und Delikatesse den feinsten
Versuchen neuerer Malkunst auf diesem
Gebiet gleichkommt, über Militärstücke, die
trocken und nüchtern sind und nur auf
Berliner Boden wachsen konnten, über
malerisch hervorragende Stilleben und wartet
nur noch auf das eminente Walzwerk, das
man leider der Sammlung nicht einverleibt
hat, da es nach St. Louis ging, die deutsche
Kunst zu vertreten. In Summa: ein Künstler,
der sich auf allen Gebieten, ohne einen
Augenblick seine Eigenheit aufzugeben und
einem Andern etwas zu danken, mit glän-
zendem Erfolg betätigt hat, nur auf dem
Gebiet der reinen Fantasiekunst nicht.
Man gelangt dann in die Berliner Säle
und ich muss gleich vorweg bemerken, dass
der Saal der »Berliner Sezession« von allen
deutschen doch wohl der einheitlichste und
frischeste ist. Das ist umso auffallender,
da, abgesehen von Liebermann, dem Ober-
haupt, die beiden stärksten Mitglieder
Münchener sind, wenigstens ihrer Erziehung
nach, ich meine Slevogt und Corinth. Doch bei
Wahrung des eigenen Ausdrucks malt diese
ganze junge Generation, die sich so über-
raschend schnell gebildet hat, nach einem
Prinzip, das man als Aufrichtigkeit und Solidität
im Malerischen bezeichnen möchte. Vorbild
sind dabei die Klassiker des französischen
Impressionismus. Und man muss gestehen,
es wird nirgendwo heute in Deutschland
in corpere so solide gemalt wie hier. Und
diese Solidität als Ausdrucksvermögen ist
doch schliesslich die Grundlage aller bilden-
den Kunst, wenn auch noch nicht, wie man
in Berlin gern vorgibt, ihr Selbstzweck.
Abgesehen von Liebermanns Werken, die
drei Phasen seiner Entwickelung verkörpern
und hervorragende Leistungen sind, erkennen
wir dieses Vermögen vornehmlich in Corinths