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Rudolf Klein :
FRITZ ERLER—MÜNCHEN.
Da sehen wir Karl Marr, Hans von Bartels,
und Schuster-Woldan, der venetianisierende
Schwärmer. Doch gibt es auch hier einige gute
Bilder, ich sah ein Porträt von Walter Thor und
eine kleine Aquarelllandschaft von H. Völcker
Auch Baer und Ubbelohde wären zu nennen.
Alle neueren Bestrebungen des jüngeren
München kommen am klarsten in der Gruppe
der »Scholle« zum Ausdruck. Sie setzt sich
im Grunde zusammen aus den einstigen
Zeichnern der »Jugend« und einiges, das
dort als Zeichnung konzentriert und straff
wirkte, scheint hier leer und beinahe fade,
so manches von Eichler, Erler-Samaden,
Münzer und Georgi. In Eichlers grossem
Naturfest ist viel gutes, doch widerspricht
eine solche ins Endlose übertragene Zeichnung
allen Gesetzen einer monumentalen Kunst.
Im Gestalten seiner Typen und Belebung
einer antidiluvianen Landschaft ist der Maler
hinwiederum recht geschickt. In Münzers
Gartenfest kennt man den graziösen Zeichner
der Jugend, der sich in Paris schulte und
im Stich so viel von Steinten lernte, kaum
Selbstbildnis.
wieder und verfällt er hier
in einem grösseren Bilde
ganz in jene ein wenig in
der Fläche tote Malerei,
die die Mitglieder der
Scholle, und vor allem
Georgi in seinem sonst
guten Bilde, kennzeichnet.
Eine Ausnahme hiervon
macht nur Püttner in sei-
nem Interieur und seinem
Stilleben. Er erinnert im
breiten Strich an Trübner,
ist aber durchaus selbstän-
dig in der Farbe. Sein
»Interieur« ist wohl das
beste Bild der Münchener
Gruppen: wie die Sonne
*y den Vorhang beleuchtet,
die farbigen Flecken im
Raum verteilt sind, wie
im Schatten der Helm und
die Uniformstücke liegen,
das alles ist vortrefflich.
— Karlsruhe, das eine Zeit-
lang die eigenste Heim-
stätte für deutsche Landschaftsmalerei war,
ist zwar nach der Zahl hier gering, doch vor-
züglich mit Thoma und Trübner vertreten, den
beiden feinsten der lebenden deutschen Künst-
ler, und mit Volkmann und Dill. Thomas
»Venus auf dem Meere« überzeugt uns wieder,
wie das Seltsamste wirklich wird: vor einem
ultramarinblauen Himmel — einem Blau,
das man keinem anderen Künstler verzeihen
würde, das aber zu Thoma passt — rauscht
auf dem Rücken eines Delphins Frau Venus
über die Fluten, so selbstverständlich, als
habe der Maler den Vorgang erst gestern
mit angeschaut. Trübner ist mit Bildern ver-
treten, die die drei Phasen seiner Entwickelung
kennzeichnen, von der »Dame in grau« aus
den siebziger Jahren, die bekanntlich eine
der besten deutschen Malereien des letzten
Jahrhunderts ist, bis zu seinen letzten Taunus-
landschaften, die in der Sprödigkeit ihres
Striches und der Stumpfheit ihrer Farben,
ihres Grün und Braun, doch von so grossem
sachlichen Reiz sind. Er umschreibt die
Dinge mit einer Leichtigkeit sondergleichen
Rudolf Klein :
FRITZ ERLER—MÜNCHEN.
Da sehen wir Karl Marr, Hans von Bartels,
und Schuster-Woldan, der venetianisierende
Schwärmer. Doch gibt es auch hier einige gute
Bilder, ich sah ein Porträt von Walter Thor und
eine kleine Aquarelllandschaft von H. Völcker
Auch Baer und Ubbelohde wären zu nennen.
Alle neueren Bestrebungen des jüngeren
München kommen am klarsten in der Gruppe
der »Scholle« zum Ausdruck. Sie setzt sich
im Grunde zusammen aus den einstigen
Zeichnern der »Jugend« und einiges, das
dort als Zeichnung konzentriert und straff
wirkte, scheint hier leer und beinahe fade,
so manches von Eichler, Erler-Samaden,
Münzer und Georgi. In Eichlers grossem
Naturfest ist viel gutes, doch widerspricht
eine solche ins Endlose übertragene Zeichnung
allen Gesetzen einer monumentalen Kunst.
Im Gestalten seiner Typen und Belebung
einer antidiluvianen Landschaft ist der Maler
hinwiederum recht geschickt. In Münzers
Gartenfest kennt man den graziösen Zeichner
der Jugend, der sich in Paris schulte und
im Stich so viel von Steinten lernte, kaum
Selbstbildnis.
wieder und verfällt er hier
in einem grösseren Bilde
ganz in jene ein wenig in
der Fläche tote Malerei,
die die Mitglieder der
Scholle, und vor allem
Georgi in seinem sonst
guten Bilde, kennzeichnet.
Eine Ausnahme hiervon
macht nur Püttner in sei-
nem Interieur und seinem
Stilleben. Er erinnert im
breiten Strich an Trübner,
ist aber durchaus selbstän-
dig in der Farbe. Sein
»Interieur« ist wohl das
beste Bild der Münchener
Gruppen: wie die Sonne
*y den Vorhang beleuchtet,
die farbigen Flecken im
Raum verteilt sind, wie
im Schatten der Helm und
die Uniformstücke liegen,
das alles ist vortrefflich.
— Karlsruhe, das eine Zeit-
lang die eigenste Heim-
stätte für deutsche Landschaftsmalerei war,
ist zwar nach der Zahl hier gering, doch vor-
züglich mit Thoma und Trübner vertreten, den
beiden feinsten der lebenden deutschen Künst-
ler, und mit Volkmann und Dill. Thomas
»Venus auf dem Meere« überzeugt uns wieder,
wie das Seltsamste wirklich wird: vor einem
ultramarinblauen Himmel — einem Blau,
das man keinem anderen Künstler verzeihen
würde, das aber zu Thoma passt — rauscht
auf dem Rücken eines Delphins Frau Venus
über die Fluten, so selbstverständlich, als
habe der Maler den Vorgang erst gestern
mit angeschaut. Trübner ist mit Bildern ver-
treten, die die drei Phasen seiner Entwickelung
kennzeichnen, von der »Dame in grau« aus
den siebziger Jahren, die bekanntlich eine
der besten deutschen Malereien des letzten
Jahrhunderts ist, bis zu seinen letzten Taunus-
landschaften, die in der Sprödigkeit ihres
Striches und der Stumpfheit ihrer Farben,
ihres Grün und Braun, doch von so grossem
sachlichen Reiz sind. Er umschreibt die
Dinge mit einer Leichtigkeit sondergleichen