Die Internationale Kunst-Ausstellung in Düsseldorf.
605
dem intellektuell umfassenderen Mehoffer
beinahe überlegen ist. Wie die Polen haben
sich auch die Russen in Paris geschult und
merkt man diese Spuren in den verschie-
densten Richtungen ihrer ebenfalls sehr
nationalen Kunst. Da ist rein Impressio-
nistisches in den Schnee-Landschaften von
Grabar, die auf Monets Ausdruck weisen,
Anklänge an Monet in den Bildern des
Archipow, Tuon, während Mussatoff mit im-
pressionistischen Ausdrucksmitteln sich dem
Rokoko zuwendet, wie Somoff, der hier
leider nicht vertreten ist, der Biedermeierei.
Nur Röhrich greift mit seinen rein teppich-
artigen , matten und rauhen Farben, dem
Norweger Munthe gleich, auf alte Sagenstoffe.
Diese junge Kunst scheint noch ganz im
Werden zu sein, und, vielleicht, der polnischen
gleich, nicht ohne Zukunft. Sind diese Völker
doch mehr die glücklichen Erben einer
nun abgeschlossenen erregten Epoche. —
Bleibt das grosse Frankreich, das diese
regierte. Seine Säle sagen uns am wenigsten,
welch reiche Fülle dieses Land der Kunst
des letzten Jahrhunderts spendete, beschränkte
man sich auch allein auf Manet und seine
Gefolgschaft. Nur dass ein wundervoller
Ranoir, aus des Künstlers bester Zeit, an
diese glänzenden koloristischen Siege und
übermütigen Naturschwelgereien uns er-
innerte, oder Degas, der ausging in den
dunklen modrigen Höhlen der Chantants,
das künstliche Licht einzufangen wie einen
seltenen Schmetterling und es entwickelte
an diesen Nachtfaltern der Sünde, die unter
gleissendem Geflimmer lächelnd ihr faulendes
Fleisch feil bieten, dabei dem kalt rechnenden
Künstler doch im Grunde nichts sind als
Faktoren für Bewegungs- und Raum-
konstruktionen. Oder dass ein mittelguter
Besnard und beinahe schon schlechter Aman-
Jean uns auf die stilistischen Versuche
wiese, die eine jüngere Generation im An-
schluss an Puvis de Chevannes in Schwung
brachte. Sonst aber sehen wir nur Bilder
zweiten und dritten Ranges und ich will
gar nicht reden von einem Gaston La Touche,
nicht einmal von einem Blanche und Lucien
Simon, deren Bilder kaum noch eine Spur
zeigen von der einst so stolzen Farbenkraft
der grossen Ahnen; will nur noch hinweisen
auf Cottet, der alle jene einst so unerhörten
Neuerungen gewissermaßen absichtlich ver-
leugnet und dessen so unpariserische, ja un-
FERDINAND HODLER — GENF.
Frühling.
1904. XI. 3.
605
dem intellektuell umfassenderen Mehoffer
beinahe überlegen ist. Wie die Polen haben
sich auch die Russen in Paris geschult und
merkt man diese Spuren in den verschie-
densten Richtungen ihrer ebenfalls sehr
nationalen Kunst. Da ist rein Impressio-
nistisches in den Schnee-Landschaften von
Grabar, die auf Monets Ausdruck weisen,
Anklänge an Monet in den Bildern des
Archipow, Tuon, während Mussatoff mit im-
pressionistischen Ausdrucksmitteln sich dem
Rokoko zuwendet, wie Somoff, der hier
leider nicht vertreten ist, der Biedermeierei.
Nur Röhrich greift mit seinen rein teppich-
artigen , matten und rauhen Farben, dem
Norweger Munthe gleich, auf alte Sagenstoffe.
Diese junge Kunst scheint noch ganz im
Werden zu sein, und, vielleicht, der polnischen
gleich, nicht ohne Zukunft. Sind diese Völker
doch mehr die glücklichen Erben einer
nun abgeschlossenen erregten Epoche. —
Bleibt das grosse Frankreich, das diese
regierte. Seine Säle sagen uns am wenigsten,
welch reiche Fülle dieses Land der Kunst
des letzten Jahrhunderts spendete, beschränkte
man sich auch allein auf Manet und seine
Gefolgschaft. Nur dass ein wundervoller
Ranoir, aus des Künstlers bester Zeit, an
diese glänzenden koloristischen Siege und
übermütigen Naturschwelgereien uns er-
innerte, oder Degas, der ausging in den
dunklen modrigen Höhlen der Chantants,
das künstliche Licht einzufangen wie einen
seltenen Schmetterling und es entwickelte
an diesen Nachtfaltern der Sünde, die unter
gleissendem Geflimmer lächelnd ihr faulendes
Fleisch feil bieten, dabei dem kalt rechnenden
Künstler doch im Grunde nichts sind als
Faktoren für Bewegungs- und Raum-
konstruktionen. Oder dass ein mittelguter
Besnard und beinahe schon schlechter Aman-
Jean uns auf die stilistischen Versuche
wiese, die eine jüngere Generation im An-
schluss an Puvis de Chevannes in Schwung
brachte. Sonst aber sehen wir nur Bilder
zweiten und dritten Ranges und ich will
gar nicht reden von einem Gaston La Touche,
nicht einmal von einem Blanche und Lucien
Simon, deren Bilder kaum noch eine Spur
zeigen von der einst so stolzen Farbenkraft
der grossen Ahnen; will nur noch hinweisen
auf Cottet, der alle jene einst so unerhörten
Neuerungen gewissermaßen absichtlich ver-
leugnet und dessen so unpariserische, ja un-
FERDINAND HODLER — GENF.
Frühling.
1904. XI. 3.