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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 14.1904

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Ruge, Clara: Dekorative Malereien von Alb. Männchen am Eingang des Kunstgewerbepalastes auf der Welt-Ausstellung St. Louis
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https://doi.org/10.11588/diglit.7009#0321

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672

Dekorative Malereien von Albert Männchen in St. Louis.

CARL - KUNST —MÜNCHEN.

selbst ist als ein kräftiger Geselle dargestellt,
dessen muskulöser Körper nur mit einem
Schurz bekleidet ist. Die ungebrochene
Kraft ist in diesem, in seiner Nacktheit dem
Beschauer voll zugekehrten Körper darge-
stellt. Aber ein edler Kopf krönt die wuch-
tige Gestalt, so dass man den Eindruck
empfängt, die elementare Kraft wird von
der Überlegung gezähmt und nicht zu sinn-
losen rohen Taten verwendet. Es ist die
stolze, männliche Tatkraft, welche dieser
Vulkan vertritt und zu welcher er die Jugend

— den für das Rechte streitbaren Jüngling

— anfeuert. Er hat dem Jüngling sein
Schwert verliehen, damit die Jugend durch
Tatkraft sieghaft sei. Man wird zugeben,
dass diese Allegorie völlig neu ist in ihrer
Ideenfolgerung und Darstellung.

Diese beiden Gestalten scheinen mir von
sämtlichen Arbeiten Männchens in St. Louis
die grösste Bedeutung zu haben. Durch ihre
schlichte Grösse, die sich sowohl in Behand-
lung als im Ausdruck und in der Kom-
position dokumentiert, sind sie besonders ein-
drucksvoll und zeigen Männchens unver-
kennbaren Zug ins Monumentale am klarsten.
Die beiden Bilder sind 4 m hoch. Männchens
Vorliebe für lange gerade Linien konnte in
ihnen voll zur Anschauung gebracht werden.
Das dritte Gemälde, welches die andern be-
krönt, ist 2,30 m breit. Der »Genius«, ein
Knabe, sitzt völlig unbekleidet auf einem
Marmorsockel. In der rechten Hand hält
er einen Eichenzweig, dessen Blätter den

Initialen.

Hintergrund seines dunkeln Hauptes bilden.
Die Linke stützt er auf einen goldenen Lor-
beerkranz, der neben ihm steht. Seine riesigen
Flügel, die ihm förmlich als goldener Grund-
ton dienen, verleihen dem ganz hell ge-
haltenen Gemälde noch den Glanz. Hell
und goldig thront dieser Genius über den
beiden andern in dunkeln Tönen gehaltenen
Bildern. Aber auch jene gehen in eine
goldene Patina über. Alle Töne bewegen
sich in goldigen Nüancierungen, — selbst
das Braun-Schwarz des Hintergrundes hat
einen goldigen Schimmer. Hell leuchten
auf demselben die Fleischtöne hervor, die
ebenfalls in goldigen Tönen gehalten sind.

Die Technik der Gemälde ist ihrem
Karakter entsprechend: gross, schlicht, breit!
Jeder Pinselstrich kann vom Beschauer ge-
sehen werden, jeder hat seine Begründung,
keiner ist verschwendet. Man hat geäussert,
die Bilder wirkten, als seien sie in rasender
Hast, gerade den inneren Schwingungen
des Gefühles folgend, hingezaubert worden.
Sie bieten eine völlig geschlossene Wirkung;
der schaffende Geist des Künstlers zittert
noch in ihnen. Man erkennt seine arbeitende
Hand, man erkennt seine Seele darin.

Einige andere Skizzen Männchens sind
leider, da die Mittel knapp wurden, nicht
mehr zur Ausführung gelangt. Sie hätten
jedenfalls der deutschen Abteilung sehr zum
Schmuck gereicht. Ausser den beschriebenen
Gemälden hat Männchen noch für den
keramischen Saal zwei Wandteppiche je

CARL KUNST—MÜNCHEN.

Initialen.
 
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