Die Fotografie auf der Dresdner Kunst-Ausstellung.
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Fotografie, der, obwohl schon viel
früher erfunden, erst durch diese
zu seiner vollen Bedeutung gelangt
ist, nachdem er in den neunziger
Jahren zuerst wieder von Demachy
in Paris angewandt worden ist!
Diese Technik, bei der das Papier
mit einer irgend eine Farbe ent-
haltenden Gummilösung überzogen
wird, die mit samt dieser Farbe
durch das Licht fixiert wird, bringt
zunächst direkt das Medium der
Farbe in die Fotografie hinein.
Im sogen. Kombinations-Gummi-
druck, bei dem das Bild lang-
sam in Etappen durch mehrfaches
Aufstreichen eines solchen Über-
zuges entsteht, bei dem man die
Stärke und den Karakter des
Farbentones verändern und auch
die einzelnen Teile des Bildes
verschieden behandeln kann, ist
dann die Möglichkeit gegeben,
die Ton - Intervalle zu erweitern
und dadurch einen viel kräftigeren
Gegensatz der Lichter, Mitteltöne
und Schatten zu erzielen. Sie ist
die dankbarste aller fotografischen
Techniken, namentlich in Verbin-
dung mit dem Mittel der Ver-
grösserung aber auch die schwie-
rigste, die schon ganz das Gebiet
der Mechanik verlässt und zur
rein künstlerischen Tätigkeit wer-
den kann. Sie führt deshalb auch
zur Herstellung wirklicher »Originale«, die
sich niemals ganz genau wiederholen lassen.
Alle diese Mittel, auch soweit sie an sich
rein technische sind, erweisen sich als völlig
künstlerische, sobald sie von einem künst-
lerischen, auf technischer Erfahrung sich
stützenden Geist geleitet werden. In den
Händen des Pfuschers, des Anfängers führen
sie zum Unsinn, der sie mehr diskreditiert,
als empfiehlt. Kein Wunder daher — und
diese Tatsache hebt die Bedeutung dieser
ganzen Bewegung und bringt sie der wirk-
lichen Kunst so nahe — dass nur so wenige,
von denen die fotografieren, als Künstler
anzusehen sind, dass es in der ganzen uner-
G. KASEBIER—NEW-YORK.
Blessed Art Thon Among Women.
messlichen Schar der Amateur-Fotografen,
die den allgemeinen Sport der Zeit mit-
machen, nur ganz verschwindend wenige
gibt, die wirklich auf diesem Gebiete zu
Leistungen gelangt sind, die einen wirklich
künstlerischen Eindruck machen und dass
diese, gerade wie die Künstler selber, sich
nach Schulen, Ländern und Individuen, kurz
nach Eigenarten sondern lassen, die mit
dem Mechanischen der Fotografie nichts zu
tun haben, vielmehr nur durch künstlerische
Tätigkeit zum Ausdruck zu kommen pflegen.
Mehrere dieser Kunst-Fotografen sind daher
auch zur wirklichen Kunst übergegangen;
anderen würde dies vielleicht unmöglich
1904. XII. 6.
679
Fotografie, der, obwohl schon viel
früher erfunden, erst durch diese
zu seiner vollen Bedeutung gelangt
ist, nachdem er in den neunziger
Jahren zuerst wieder von Demachy
in Paris angewandt worden ist!
Diese Technik, bei der das Papier
mit einer irgend eine Farbe ent-
haltenden Gummilösung überzogen
wird, die mit samt dieser Farbe
durch das Licht fixiert wird, bringt
zunächst direkt das Medium der
Farbe in die Fotografie hinein.
Im sogen. Kombinations-Gummi-
druck, bei dem das Bild lang-
sam in Etappen durch mehrfaches
Aufstreichen eines solchen Über-
zuges entsteht, bei dem man die
Stärke und den Karakter des
Farbentones verändern und auch
die einzelnen Teile des Bildes
verschieden behandeln kann, ist
dann die Möglichkeit gegeben,
die Ton - Intervalle zu erweitern
und dadurch einen viel kräftigeren
Gegensatz der Lichter, Mitteltöne
und Schatten zu erzielen. Sie ist
die dankbarste aller fotografischen
Techniken, namentlich in Verbin-
dung mit dem Mittel der Ver-
grösserung aber auch die schwie-
rigste, die schon ganz das Gebiet
der Mechanik verlässt und zur
rein künstlerischen Tätigkeit wer-
den kann. Sie führt deshalb auch
zur Herstellung wirklicher »Originale«, die
sich niemals ganz genau wiederholen lassen.
Alle diese Mittel, auch soweit sie an sich
rein technische sind, erweisen sich als völlig
künstlerische, sobald sie von einem künst-
lerischen, auf technischer Erfahrung sich
stützenden Geist geleitet werden. In den
Händen des Pfuschers, des Anfängers führen
sie zum Unsinn, der sie mehr diskreditiert,
als empfiehlt. Kein Wunder daher — und
diese Tatsache hebt die Bedeutung dieser
ganzen Bewegung und bringt sie der wirk-
lichen Kunst so nahe — dass nur so wenige,
von denen die fotografieren, als Künstler
anzusehen sind, dass es in der ganzen uner-
G. KASEBIER—NEW-YORK.
Blessed Art Thon Among Women.
messlichen Schar der Amateur-Fotografen,
die den allgemeinen Sport der Zeit mit-
machen, nur ganz verschwindend wenige
gibt, die wirklich auf diesem Gebiete zu
Leistungen gelangt sind, die einen wirklich
künstlerischen Eindruck machen und dass
diese, gerade wie die Künstler selber, sich
nach Schulen, Ländern und Individuen, kurz
nach Eigenarten sondern lassen, die mit
dem Mechanischen der Fotografie nichts zu
tun haben, vielmehr nur durch künstlerische
Tätigkeit zum Ausdruck zu kommen pflegen.
Mehrere dieser Kunst-Fotografen sind daher
auch zur wirklichen Kunst übergegangen;
anderen würde dies vielleicht unmöglich
1904. XII. 6.