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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 14.1904

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Hirschwald, Hermann: Welcher Gegenstand ist kunstgewerblich?, [6]: Referat über die öffentliche Umfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.7009#0343

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Welcher Gegenstand ist kunstgewerblich?

ALBERT MÄNNCHEN—BERLIN.
DEKORATIVE MALEREI »SCHÖNHEIT UND ANMUT«.
WELT-AUSSTELLUNG ST. LOUIS 19O4.

gewerblichen Arbeit ein Unterschied hinsichtlich
des gesetzlichen Schutzes fernerhin nicht mehr
bestehen darf. Es soll das Kunstwerk in jedem
gewerblichen Gegenstande, und letzterer zugleich
mit diesem geschützt werden — ohne Rücksicht
auf die Qualität des Materials oder der Aus-
führung. Die Kunstgewerbetreibenden haben alle
Ursache, diesen Gesetzentwurf freudig zu be-
grüssen, und es wäre verfehlt, eine Einschränkung
desselben herbeizuführen. Unter Verwertung
dankenswerter Anregung zur Abänderung meines
Leitsatzes i) glaube ich deshalb, dass wir in
folgendem den Begriff des »kunstgewerblichen
Gegenstandes« festlegen können:

Ein Gegenstand des Gewerbes ist als
»kunstgewerbliche zu bezeichnen, wenn dem-
selben künstlerische d. h. individuelle Kon-
zeption zu Grunde liegt. —

Ebenso wie jedes in knappster Form ge-
haltene Gesetz eines langen, nicht feststehenden
und niemals zum Abschluss kommenden Kommen-
tars bedarf, so werden auch wir zu diesem allge-
meinen, kurzen Begriffe eine Reihe von Erläute-
rungen geben müssen; auch diese sollen und
können keineswegs »endgültige, nie versagende«
sein — Ergänzungen und Abänderungen werden
ihnen ständig folgen. Aber dass jedwede Er-
fahrungen diesen Erläuterungen angefügt werden,
ist eine berechtigte Forderung im Interesse aller
Kunstgewerbetreibenden-, denn die Umfrage ist
nicht allein wegen des neuen Kunstschutzgesetzes,
sondern für alle wirtschaftlichen bzw. rechtlichen
Verhältnisse gestellt. Sobald wir aber zu anderen
Fragen als denen des Urheberrechts und Muster-
schutzes kommen, seien es Rechts- oder Aus-
stellungswesen , Handelsverträge oder welche
sonstigen bezügl. Fälle uns noch in unserer
blühenden Gesetzgebungs-Periode bevorstehen, —
immer werden wir mit dem Sachverständigen
und dessen Beurteilung in bezug auf die Art der
Ausführung und des Materials zu rechnen haben.
Dass diese Sachverständigen praktisches Ver-
ständnis für das »Kunstgewerbe« besitzen
müssen, ist eine Grundbedingung. Aber
ebenso berechtigt ist die Forderung, dass der
Sachverständige in Berlin nach den gleichen
Grundsätzen urteilt wie sein Kollege in München,
so dass allen gleiches Recht zuteil wird, während
die meisten Sachverständigen heute nur aus ihrem
eigenen Berufe heraus, von ihrem individuellen
Standpunkte d. h. Auffassungsvermögen urteilen.
Die eingegangenen Beantwortungen zeigen die un-
haltbaren Konsequenzen. Selbst aus gleicher Fach-
gruppe finden wir entgegengesetzte Ansichten, je
nachdem es sich bei dem einen um die Herstellung
von Einzelobjekten in einer kleinen Werkstatt und
bei dem andern um Grossbetrieb gleichartiger
Artikel handelt. Dieses rein subjektive Erwägen
führt aber zu grossen Ungerechtigkeiten; der
Sachverständige bedarf allgemein feststehender
 
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