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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Michel, Willhelm: Idealistische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0195

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Idealistische Kunst.

Englische Kupfer-Arbeit, gehämmert.

nimmer das Herrlichste ent-
springen, was es im Bereich
menschlichen Wirkens gibt:
die freie, schöpferische Tat
im Kunstwerk. — Nur
wer stärker ist als das
Leben, wer in unersätt-
lichem , genialem Lebens-
drang und aus sonnigster
Gesundheit des Herzens
heraus die Empirie über-
wächst, nur der darf sich
füglich als Priester der
schaffenden Idee geberden.
Denn die Idee war nie-
mals das Notdürfteln kränk-
licher Instinkte, wie wohl
Nietzsche glaubte, sie ent-
sprang von jeher nur aus
den stärksten, männlichsten
Geistern und war die
feinste, erlauchteste Blüte,
die diesem kostbaren Erd-
reich entspross. Eine Zeit,
die für den idealistischen

Standpunkt in der Kunst nur hämische
Glossen übrig hat, beweist damit lediglich
ihren Lebensdilettantismus und den Nieder-
gang ihrer Schöpferkraft.

Idyll und Leben können heute so wenig
Feinde sein wie jemals. Sie verhalten sich
wie die Frucht zum Baum, und es war ledig-
lich ein armseliger Fechterstreich anmaßender
Unkraft, die unübersteigliche Scheidewand
zwischen beide zu setzen, von der billige
Scheidemünze landläufiger Philister-Reflexion
zu erzählen weiss. Freilich decken wird sie
sich nicht; die Frucht ist etwas anderes als
der Baum. Aber da wir Menschen sind,
geniessen wir den Baum vorzüglich in seiner
Frucht, wir haben in ihr gewissermaßen den
anthropomorphen Ausdruck des dunklen

Gefässe und Vase.

Münchner Kupfer-Arbeiten.

Hohenzollern-Kunstgewerbehaus, H. Hirschwald—Berlin.

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