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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Perzyński, Friedrich: Walther Schmarje
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0254

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Walther Schmarje.

W. SCHMARJE—BERLIN. »Studienkopf*. Marmor.

Heldensagen mehr, die Teppiche, die einst
wie Köchin und Soldat in einer üppigen
Blumensprache redeten, schweigen sich aus
in unverständlichen Arabesken. Löwenklaue
und Greifenkopf, ehedem inhaltschwere Sym-
bole, haben die Herrschaft über unsere
Phantasie verloren und sind leere und ver-
trocknete Hülsen geworden.

Wir sind vollauf glücklich, wenn eine
einfache Harmonie uns in unseren Zimmern
empfängt und zur inneren Sammlung ein-
ladet. Dies ist die Funktion der Möbel.
Ist sie's nicht auch des Wandschmuckes,
der Skulpturen ? Träumt es sich nicht sanfter,
denkt es sich nicht konzentrierter vor einer
griechischen Grabstelle, selbst vor der Furia
addormentata, die unsere Empfindungen
eben nur lockern, nicht aufwühlen, als etwa
vor Rodins oder Vigelands herzbeklemmen-
den Visionen ?

Man wird mit Recht einwenden, dass
stimulierende Bildwerke dieser Art nicht als
Zimmerschmuck gedacht sind. Wer aber
beantwortet die melancholische Frage, wohin
die Anfüllung unserer Museen und der
öffentlichen Plätze führen soll? Die über-
reiche künstlerische Produktion, die in keinem

Einklang steht zum Konsum, wird Maler
und Bildhauer zwingen, sich auf die mittel-
alterliche bescheidene Funktion eines Dekora-
tors, eines Architekten-Dieners ernstlich zu
besinnen.

Unter den Malern haben viele schon
eingelenkt. Die Zahl derjenigen, die mit tiziani-
schem Hökertalent Porträts verschachern,
schrumpft langsam zusammen. Nur die
Bildhauer zögern noch und verzetteln ihre
Kräfte (wenn sie überhaupt dazu Gelegen-
heit finden) aus Gewinnsucht an Monumental-
aufgaben, deren Maßstab meist ein unkünst-
lerischer Wille vorschreibt und denen daher
selbst ein Michelangelo nicht gewachsen wäre.
Die Gefahr, die unserer sich langsam klären-
den Formanschauung von dem neobarocken,
seichten Pathos der Denkmalskulptur und
von jenem verinnerlichten eines Rodin oder
Vigeland her droht, macht die Beschäftigung
mit jedem Ruhe und Maß haltenden Talent
verdienstlich.

Eine derartige, oft reflektierende, aber
darum nicht weniger gesunde Begabung ist
Walther Schmarje. Seine Arbeiten werden
manchen durch den Mangel auch der be-

w. schmarje—Berlin. Büste seines Grossvaters.

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