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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Michel, W.: Margarete von Brauchitsch
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0263

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Wilhelm Michel— München :

MARGARETE VON BRAUCHITSCH—MÜNCHEN.

Gestickte Kissen und Wandbehänge.

München befand sich vor einiger Zeit ein
Innenraum von Frau von Brauchitsch nebst
einer Ausstellung zahlreicher, mit Stickerei
versehener Kissen. Der Raum qualifiziert
sich als Ankleidezimmer oder als Baderaum,
je nachdem man die durch einen Vorhang
abgeschlossene Ecke zur Unterbringung
der Garderobe oder der Badewanne be-
nutzen will. Jedenfalls tragen Divan, Tisch,
hochlehnige Stühle und kleine Sessel auch
der Bequemlichkeit vollauf Rechnung und
machen den Raum, über seine spezielle Be-
stimmung hinaus, auch zu einem angenehmen
Aufenthalt. Das Lieblingsmaterial der Künst-
lerin, die Stickerei, drängt sich auch hier
zu beherrschender Rolle vor. Das ganze
Zimmer ist ein wahrer Triumph der Stickerei.
Um die Wände zieht sie sich, überall in
Verbindung mit grobem Bauernleinen, als
Behang, über dem Tisch liegt sie als Tisch-
decke, sie schmückt den breiten Divan, sie
kehrt auf den Bezügen der hochlehnigen
Stühle, auf den Vorhängen am Toilettetisch
und den Fenstergardinen wieder, sie wird
hinter den Glasscheiben des Wäscheschrankes
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als Füllung sichtbar, sie liegt auf den Kissen,
die auf Divan und Sessel verteilt sind, sie
erscheint auf den Stuhlbehängen, die wie
gesteifte Röckchen nett und zierlich um die
Füsse der kleinen Sessel hängen. Weiss ist
der Grundton, der aber durch das Schwarz
und Blau der Stickerei, durch den eleganten
Faltenwurf des Leinens reizvoll belebt wird.
Man hat den Eindruck, dass nur eine Dame
zu einer solchen Konzeption gelangen konnte,
so nett, leicht, geputzt und — waschbar ist
alles. Waschbar! Welche Seligkeit für die
Hausfrau! Sogar gegen das Verziehen der
Leinwand sind geeignete Vorkehrungen ge-
troffen. Ebenso sind es praktische Erwäg-
ungen, die die Künstlerin von einer aus-
gedehnteren Verwendung der Applikation
zurückgehalten haben, da zwei verschiedene
Stoffe sich leicht in unschöne Falten ziehen.
Den Hausfrauen geben wir zur Würdigung
der Solidität ihrer Arbeit das Rezept auf,
vermittelst dessen sie gleichwohl die Wir-
kungen der Applikation erreicht: das be-
treffende Feld wird erst in der Grundfarbe
unterstickt und dann darauf das Muster gesetzt.
 
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