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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

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Ostini, Fritz von: Hans Thoma: eine Huldigung zu des Meisters 76. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0021

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HANS THOMA.

EINE HULDIGUNG ZU DES MEISTERS 76. GEBURTSTAG
VOM HERAUSGEBER ALEXANDER KOCH
MIT TEXT VON FRITZ VON OSTINI.

Es sind rund fünfzig Jahre her, daß Hans
Thotna zu malen begann, die Lehrzeit ab-
gerechnet. Aber es ist nur ein Vierteljahr-
hundert vergangen, seit dem Tage — man kann
das fast auf den Tag berechnen! — seit dem
Tage, da einem weiteren Kreise ein Verständnis
aufdämmerte für das, was er als deutscher Ma-
ler bedeutet. Er ist immer der Gleiche ge-
blieben im Wandel der Zeit, wie im Wandel
seines Schicksals, das ihm erst Armut, Ver-
kennung und Hohn brachte und dann in späten
Tagen Ruhm und Ehre, wie wenigen Anderen.
Keine der Zeitströmungen, in denen das Schiff-
lein der deutschen Kunst seit Jahrzehnten hin-
und herschwankte, hat ihn beeinflußt, keine
gute und noch weniger eine schlechte, jede laute
Verkündigung neuer Kunstgesetze verhallte un-
gehört vor seinem Ohr. Und er hat seinen Platz
doch behauptet in all der Zeit! Behauptet in
der Meinung der Urteilsfähigen, wie auf dem
Kunstmarkte. Denn er ist ein Ganzer und Ei-
gener — und darauf kommt's an! Das spüren
schließlich auch die Ritter von der Phrase, spürt
die Menge, die sich von ihnen leiten läßt. Und

er ist ein Deutscher und zwingt gerade dadurch,
ohne daß sie es wissen vielleicht, gerade denen
Achtung ab, die Zeter zu schreien pflegen, wenn
man von der Möglichkeit einer ausgesprochen
deutschen Kunst redet. Er ist ein lebender
Beweis für diese Möglichkeit, sogar ein Beweis
dafür, daß diese Möglichkeit sehr reich und viel-
gestaltig ist. Er ist deutsch, wenn er, wie in
vielen prächtigen Bildnissen und Landschaften
reine Malerei treibt, deutsch in seiner oft durch-
brechenden Neigung, die Formen stilistisch zu
binden, deutsch in seiner Nachdenklichkeit und
Lust am Fabulieren, in seiner Arbeitsfreudig-
keit, die sich nie genug tun kann, die alle Dinge
umfassen will und auch das, was hinter den
Dingen steht. Seine schöpferische Fruchtbar-
keit ist beispiellos und wenn man aus seiner
gewaltigen Produktion alles minder Wertvolle
ausschiede, das ja selbstverständlich mit unter-
laufen mußte bei solchem unbezähmbaren
Schaffensdrang —■ es bliebe immer noch ein
Lebenswerk von erstaunlichem Umfang übrig.
So zählen ihn heute nicht etwa bloß die Alten
zu den Ihrigen — er gilt auch bei denen, die

XIX. Oktober 1915. 1
 
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