Hans Tlioma.
HANS THOMA — KARLSRUH E.
»HERBSTTAG IM SCHWARZWALD« 1004. BESITZER UNBEKANNT.
ein Künstler seinen Beruf, sein Verhältnis zum
Leben schöner, weiser auffassen? Weniger be-
irrt als er durch irgend Etwas, das von außen
kommt, kann kein Künstler zu seinem Berufe
stehen, nichts Überkommenes, keine Neben-
absicht trübt ihm die reine, heiße Liebe zur
Natur, zum Weltganzen, die der Urquell seiner
Kunst ist. Auch seine Neigung zur philosophi-
schen Beschaulichkeit, zu phantastischen Flügen
ins Fabelland, stammt aus jener großen Liebe
und steht darum durchaus nicht in einem Gegen-
satz zu rein künstlerischen Bestrebungen, so
wenig, wie etwa bei Böcklin, dem ja auch die
Ganzklugen ob seiner Romantik gelegentlich
eine nichtmalerische, „literarische" Nebenab-
sicht unterschoben haben. Bei Beiden erwuchs
das Was ? und das Wie ? im Schaffen aus einem
Stamm. Daß Beide im Herzen auch Dichter
wären, ändert nichts an ihrem Werte als Maler.
Erst unserem nüchternen Zeitalter blieb die
Entdeckung vorbehalten, daß echte Malerei das
poetische Empfinden ausschließen soll — bis
dahin sind alle großen Maler Poeten gewesen \
So weit die Erinnerung des greisen Meisters
zurückreicht, hat er den Trieb zur Kunst ge-
spürt. Und jene reicht sehr weit zurück. Er-
zählt er doch selber, es sei seine älteste Er-
innerung, daß er in einer Ecke der Schwarz-
wälderstube zu Bernau saß, wo er am 2. Okto-
ber 1839 geboren wurde und daß er damals
noch keine Hosen, sondern ein Röckchen trug.
Er kritzelte Striche auf eine Schiefertafel und
die gütige Mutter deutete ihm den „Kribbs-
krabbs" dann als Haus, als Baum, als Gockel
usw. Die Muller war es auch, die seine Be-
gabung erkannte und ihm schließlich die Wege
ebnete ins ersehnte Land der Kunst. Die Fa-
milie lebte in kleinen Verhältnissen, zumal der
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HANS THOMA — KARLSRUH E.
»HERBSTTAG IM SCHWARZWALD« 1004. BESITZER UNBEKANNT.
ein Künstler seinen Beruf, sein Verhältnis zum
Leben schöner, weiser auffassen? Weniger be-
irrt als er durch irgend Etwas, das von außen
kommt, kann kein Künstler zu seinem Berufe
stehen, nichts Überkommenes, keine Neben-
absicht trübt ihm die reine, heiße Liebe zur
Natur, zum Weltganzen, die der Urquell seiner
Kunst ist. Auch seine Neigung zur philosophi-
schen Beschaulichkeit, zu phantastischen Flügen
ins Fabelland, stammt aus jener großen Liebe
und steht darum durchaus nicht in einem Gegen-
satz zu rein künstlerischen Bestrebungen, so
wenig, wie etwa bei Böcklin, dem ja auch die
Ganzklugen ob seiner Romantik gelegentlich
eine nichtmalerische, „literarische" Nebenab-
sicht unterschoben haben. Bei Beiden erwuchs
das Was ? und das Wie ? im Schaffen aus einem
Stamm. Daß Beide im Herzen auch Dichter
wären, ändert nichts an ihrem Werte als Maler.
Erst unserem nüchternen Zeitalter blieb die
Entdeckung vorbehalten, daß echte Malerei das
poetische Empfinden ausschließen soll — bis
dahin sind alle großen Maler Poeten gewesen \
So weit die Erinnerung des greisen Meisters
zurückreicht, hat er den Trieb zur Kunst ge-
spürt. Und jene reicht sehr weit zurück. Er-
zählt er doch selber, es sei seine älteste Er-
innerung, daß er in einer Ecke der Schwarz-
wälderstube zu Bernau saß, wo er am 2. Okto-
ber 1839 geboren wurde und daß er damals
noch keine Hosen, sondern ein Röckchen trug.
Er kritzelte Striche auf eine Schiefertafel und
die gütige Mutter deutete ihm den „Kribbs-
krabbs" dann als Haus, als Baum, als Gockel
usw. Die Muller war es auch, die seine Be-
gabung erkannte und ihm schließlich die Wege
ebnete ins ersehnte Land der Kunst. Die Fa-
milie lebte in kleinen Verhältnissen, zumal der
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