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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

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Ostini, Fritz von: Hans Thoma: eine Huldigung zu des Meisters 76. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0041

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Hans Thoma.

I

HANS THOMA KARLSRUHE.

»ALBTAL ST. BLASIEN« 1882. MUSEUM «ASEL. PHOT. HANFSTAENGL.

benen Kastanie. In seiner eigenen Weise be-
tont er da die Form des Baumes so stark, wie
es z. B. Segantini in vielberühmten Bildern tat.
Einen seiner Schwarzwaldbäche, „Bach im Tal"
(Abb. S. 18), die ihm früh schon Freunde er-
worben, hat er 1906 wieder gemalt und er ist
ebenbürtig jenen älteren Werken, durch die
Meisterschalt, mit der hier die Heimatnatur er-
schöpfend in einen knapp zusammengefaßten
Typus verherrlicht ist. Wie anders wieder die
großen, weit ausgedehnten Landschaften (Abb.
S. 19 u. 21), die eine fast monumental mit ihren
schweren Wolkenballen, hinter denen die Sonne
vorbricht, die andere nicht minder großzügig
in ihrer wuchtigen und wahren Darstellung des
entfesselten Elementes.

Von Hans Thoma's figürlicher Kunst gibt das
Heft gleichfalls bedeutsame Proben. Eine der
frühesten wohl ist die „Hühnerfütterung" mit
dem Mädchen am Türpfosten in liebevoller Ge-
nauigkeit strenge bis ins letzte Detail durch-
geführt. Man beobachte auch die unübertreff-
liche Darstellung des Hühnervolks! Saftiger,
wenn man so sagen will, vollblütiger, ist die
Römerin „Auf dem Heimwege" (Abb. S. 32),

1888 gemalt, eine Frucht italienischer Reisen,
wie das gegenüber stehende Bild, die Frau mit
den Camelien im Korbe. Die beiden Frauen-
typen erinnern stark an des Künstlers ver-
ewigte Gattin, Frau Cella Thoma, die ja eine
Italienerin war. Eine edle frühe und malerisch
kostbare Arbeit ist dann die junge Mutter mit
dem schlummernden Säugling unterm Hollunder-
busch (Abb. S. 27). Der „Hüter des Tales",
vielleicht die eindrucksvollste Einzelfigur aus
Thoma's Lebenswerk (Abb. S. 22), mag wie der
wesensverwandte „Wächter vor dem Liebes-
garten" um das Jahr 1890 herum entstanden
sein. Dieser Hüter des Tales, Hüter der Heimat,
ist er nicht eine ergreifende Verkörperung des
Geistes, der auch dafür sorgt, daß wir heute
in deutschen Landen, gesichert vor Feindeswut
ruhig schlummern dürfen, wenn die Nacht auf
die Erde sinkt? Kein neues Bild kann den
deutschen Gedanken, wie er in diesem Kriege
zum Ausdruck kommt, größer, klarer und ein-
facher ausdrücken, als dieser Eiserne auf seiner
Bergwacht. Er gehört wohl zu Thoma's popu-
lärsten Werken, zu denen wir auch den „Kinder-
reigen" von 1872 zu zählen haben, der in
 
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