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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

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Ostini, Fritz von: Hans Thoma: eine Huldigung zu des Meisters 76. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0048

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Hans Thoma.

HANS THOMA-KARLSRUHE. »HEIMKEHRENDE ZIEGENHERDE« 1878. IM BESITZ DES KÜNSTLERS.

er sich mit italienischen Stoffen beschäftigt,
oder äußerlich mit der alten Kunst Italiens zu
berühren scheint, geradezu was wie ein Protest
dagegen zu sprechen, daß darum ein Maler nur
ein Jota von seinem Deutschtum aufgeben müsse
oder dürfe! Als Maler religiöser Stoffe zeigt
er das besonders deutlich. Die Gruppe Christus
mit der Samariterin (Abb. S. 10) und der von
Engeln betrauerte Leichnam Christi (Abb. S. 11),
eins der tiefsten und reifsten religiösen Bilder
des Meisters, dürften es bestätigen.

Vom Werte des Bildnismalers Thoma zeugen
die beiden Selbstporträte von 1871 und 1899,
und das wundervolle Jugendbildnis von Frau
Cella Thoma (Abbild. Seite 24). Das erstere
steht, was Kraft des Ausdrucks, wie was
Malerei, Farbe anlangt, sehr hoch und ist,
wie übrigens gerade viele Porträte Thoma's,
besonders dazu angetan, Jene zu entwaffnen,
die in dem Künstler mehr einen Erzähler und
Romantiker, als einen Maler sehen wollen.
Das ist Malerei von Gottes Gnaden und es ist
wieder einmal zu sagen: käme das vom Aus-
land, es gälte auch unseren Snobs als eine
höchste Kunstoffenbarung! Als eine, zu der
deutsche Kultur sich doch nimmermehr auf-
schwingen kann!

Auch ein paar feine Stilleben finden sich
unter den 30 Abbildungen des Heftes und
zeigen den Maler von einer neuen, seiner vielen
Seiten. Malenswert schien ihm ja immer Alles,

was malbar ist, ein Fuchsienstöckchen so gut,
wie die Tragödie der Erlösung, ein Korb Ge-
müse so gut, wie ein schönes Menschenbild.
Er hat romantische Rittergestalten auf die Lein-
wand gebracht, Nymphen, Nixen, Faune, Ele-
mentargeister aller Art, Sirenen, zeitlose un-
verhüllte Menschen, die in idealen Landschaften
baden, nach phantastischen Vögeln schießen,
oder sich sonstwie eines schönen Lebens freuen,
er hat das Paradies gemalt und die Unterwelt
mit Charons Nachen, Puttenvolk in Wolken und
im Grünen, antike und nordische Helden, hat
die Gestalten der Wagnerschen Dramen ge-
schildert, wie die des griechischen Mythos,
Volkstypen aus der Gegenwart, aus Heimat
und Fremde und hat seinem starken religiösen
Gefühl ebenfalls Ausdruck gegeben in unge-
zählten Werken. Von seiner bedeutsamen und
sehr vielseitigen Bildnismalerei war schon die
Rede und ebenso von seiner Landschaftsmalerei.
Seiner Landschaften Zahl wird wohl heute nur
annähernd abzuschätzen sein, der Künstler
selber kennt sie sicherlich nicht genau. Da sind
Landschaftsbilder aus Sturm und Stille, wilde
und friedliche, weitgespannte Ebenen, Idyllen
aus dörflicher Enge, Wasserfälle und breite,
ruhig hinfließende Ströme, sind Bilder aus dem
Taunus mit seinen wundersam geschwungenen
und überschnittenen Rückenlinien, aus dem
Schwarzwald, von den Ufern des Rheins, aus
den Alpen, aus Italien. Oft heben meister-
 
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