Über die Arbeit des Künstlers.
PROFESSOR EMANUEL V. SE1DL MÜNCHEN.
»DAMEN-KLEIDERABLAGE« IM HAUSE H. SCHÖLLER.
das ewige Wälzen eines Steins, der immer von
neuem gehoben sein wollte. Meine Annalen
werden es deutlich machen, was hiermit gesagt
ist." Das sind Worte des Goethe, den man so
mißverständlich zu einem kalt und hehr thronen-
den Olympier gemacht hat. — Diese Annalen
aber zeigen noch ein anderes: bis zu welcher
Höhe ein Mensch seine Menschlichkeit ent-
wickeln kann, daß alles, was er in die Hand
nimmt, und sei es die beliebigste Stunde seines
Lebens, durchleuchtet wird von den klaren
Strahlen aufgelöster Disharmonie. Wer kann
ohne erhobenes Staunen über die sonnengleiche
Kraft des Menschen ein Alterswerk Poussins
oder Rembrandts sehen ? Haben sie so durch
ununterbrochenes Schaffen für sich selbst Frie-
den und Einheit mit der Welt erreicht, so ist
ihr Ziel weit davon entfernt eine Rente zu sein,
die nur ihnen zugute kommt. Wie das Einzel-
werk so ist auch seine Vollendung auf die ganze
Menschheit gerichtet. Denen, die gleichen
Blutes sind, ruft es zu: „Nimm das Kreuz und
folge mir nach!" Aber niemanden schließt es
ganz von seinem Genüsse aus. Die Arbeit des
Künstlers ist zu jenem unermeßlichen Mahl ge-
worden, das uns Konr. Ferd. Meyer darstellt:
„Da sprangen reich die Brunnen auf des Lebens,
Da streckte keine Schale sich vergebens,
Da lag das ganze Volk auf vollen Garben,
Kein Platz war leer, und keiner durfte darben."
BODMAN AM SEE. MAX RAPHAEL.
PROFESSOR EMANUEL V. SE1DL MÜNCHEN.
»DAMEN-KLEIDERABLAGE« IM HAUSE H. SCHÖLLER.
das ewige Wälzen eines Steins, der immer von
neuem gehoben sein wollte. Meine Annalen
werden es deutlich machen, was hiermit gesagt
ist." Das sind Worte des Goethe, den man so
mißverständlich zu einem kalt und hehr thronen-
den Olympier gemacht hat. — Diese Annalen
aber zeigen noch ein anderes: bis zu welcher
Höhe ein Mensch seine Menschlichkeit ent-
wickeln kann, daß alles, was er in die Hand
nimmt, und sei es die beliebigste Stunde seines
Lebens, durchleuchtet wird von den klaren
Strahlen aufgelöster Disharmonie. Wer kann
ohne erhobenes Staunen über die sonnengleiche
Kraft des Menschen ein Alterswerk Poussins
oder Rembrandts sehen ? Haben sie so durch
ununterbrochenes Schaffen für sich selbst Frie-
den und Einheit mit der Welt erreicht, so ist
ihr Ziel weit davon entfernt eine Rente zu sein,
die nur ihnen zugute kommt. Wie das Einzel-
werk so ist auch seine Vollendung auf die ganze
Menschheit gerichtet. Denen, die gleichen
Blutes sind, ruft es zu: „Nimm das Kreuz und
folge mir nach!" Aber niemanden schließt es
ganz von seinem Genüsse aus. Die Arbeit des
Künstlers ist zu jenem unermeßlichen Mahl ge-
worden, das uns Konr. Ferd. Meyer darstellt:
„Da sprangen reich die Brunnen auf des Lebens,
Da streckte keine Schale sich vergebens,
Da lag das ganze Volk auf vollen Garben,
Kein Platz war leer, und keiner durfte darben."
BODMAN AM SEE. MAX RAPHAEL.