Über einige Grenzen der Malerei.
PROFESSOR
E. R. WEISS-
BERLIN.
GEMÄLDE
»BLUMEN-
STILLEHEN«
Lichtung und Färbung zu erreichen suchen.
Aber wie sie das Bild in sich zerreißen, so auch
den Zusammenhang mit der Wand, indem das
überhelle oder überfarbsatte Glasbild aus der
dunklen, farblosen Architektur herausfällt. Wie
geschmeidig wußten sich die alten Meister zu
fügen, wie klug und empfindsam rechneten sie
mit dem Zusammenklang der Licht durchlassen-
den Teile des Glases und der Licht absperren-
den, farblosen Architektur. So begrenzten sie
sich doppelt in der Wahl ihrer Mittel, aber
gerade so schufen sie nicht nur jene an sich
klassische Glasmalerei, sondern auch jene
höhere Einheit der Kathedrale.
Ich nenne diese Begrenzung ein freiwillig-
bewußtes Sich-einfügen in die überlieferten und
als notwendig erkannten Kunstgesetze. Wenn
es aber noch einem Verteidiger der zügellosen
Freiheit der Phantasie in Sachen der Kunst
scheinen möchte, daß darin doch eben auch nur
Freiheit und Willkür liege, so wird er sich wohl
entwaffnen lassen müssen durch den Hinweis
auf das, was die Malerei wegen der notwen-
digen Beschränkung ihrer Mittel nicht leisten
kann. Bei der Überschätzung der Lehre von
der Perspektive, in dem Taumel der Freude,
daß man den dreidimensionalen Raum illusio-
nistisch auf der Fläche vortäuschen kann, hat
man allgemein übersehen, daß es eine ganze
Reihe von Raumgebilden gibt, die selbst die
vollkommenste Perspektive nicht auf die Fläche
bannen wird, Raumgebilde, mit denen sich ganz
eigenartige Empfindungen und Gefühle ver-
knüpfen, deren Überlieferung und Klärung dem
PROFESSOR
E. R. WEISS-
BERLIN.
GEMÄLDE
»BLUMEN-
STILLEHEN«
Lichtung und Färbung zu erreichen suchen.
Aber wie sie das Bild in sich zerreißen, so auch
den Zusammenhang mit der Wand, indem das
überhelle oder überfarbsatte Glasbild aus der
dunklen, farblosen Architektur herausfällt. Wie
geschmeidig wußten sich die alten Meister zu
fügen, wie klug und empfindsam rechneten sie
mit dem Zusammenklang der Licht durchlassen-
den Teile des Glases und der Licht absperren-
den, farblosen Architektur. So begrenzten sie
sich doppelt in der Wahl ihrer Mittel, aber
gerade so schufen sie nicht nur jene an sich
klassische Glasmalerei, sondern auch jene
höhere Einheit der Kathedrale.
Ich nenne diese Begrenzung ein freiwillig-
bewußtes Sich-einfügen in die überlieferten und
als notwendig erkannten Kunstgesetze. Wenn
es aber noch einem Verteidiger der zügellosen
Freiheit der Phantasie in Sachen der Kunst
scheinen möchte, daß darin doch eben auch nur
Freiheit und Willkür liege, so wird er sich wohl
entwaffnen lassen müssen durch den Hinweis
auf das, was die Malerei wegen der notwen-
digen Beschränkung ihrer Mittel nicht leisten
kann. Bei der Überschätzung der Lehre von
der Perspektive, in dem Taumel der Freude,
daß man den dreidimensionalen Raum illusio-
nistisch auf der Fläche vortäuschen kann, hat
man allgemein übersehen, daß es eine ganze
Reihe von Raumgebilden gibt, die selbst die
vollkommenste Perspektive nicht auf die Fläche
bannen wird, Raumgebilde, mit denen sich ganz
eigenartige Empfindungen und Gefühle ver-
knüpfen, deren Überlieferung und Klärung dem