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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

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Michel, Wilhelm: Volkstümliche Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0237

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Volkstümliche Kunst.

Hanns albert hofmann—darmstaut.

»gehöft in abendsonne«

fassung plötzlich eine stürmisch einbrechende
Fülle. Er wird zu einer Wirklichkeit. Und er
setzt sich in seinem jungen Kraftgefühl mit allen
Erscheinungen des nationalen Lebens, vor allem
auch mit der Kunst, in messende Beziehung.
Dies ist auch jetzt wieder geschehen. Es zeigt
sich nun, daß in solchen Zeiten der Begriff des
Nationalen leicht zu eng genommen wird, eben
nur in dem nächstliegenden Sinne des dem Volke
Faßlichen und leicht Zugänglichen. Dieser Ge-
fahr sind wir auch dieses Mal nicht ganz ent-
gangen. Die Neuheit des nationalen Lebens-
gefühls, das mit inniger Wärme und kräftigem
■Behagen alle umspannte, gab vielen im Anfang
den Gedanken ein, es müßte sich nun auch die
Kunst in der Richtung einer allgemeinen volks-
mäßigen Faßlichkeit reformieren, sie müßte ganz
neue Wege einschlagen, um der Menge des

Volkes gewissermaßen entgegenzukommen. Un-
sere soeben angestellten Erwägungen setzen
uns in den Stand, Wahres und Falsches in diesen
Gedankengängen zu unterscheiden; gewiß
werden der Kunst, da sie ja aus dem Leben
schöpft, die nationalen Wallungen zur frucht-
baren Anregung werden können, aber Maßstab
dessen, was nun wirklich aus den Tiefen der
Volksseele stammt, ist keineswegs die volks-
mäßige Faßlichkeit. Soll unsere Kunst vor be-
denklichen Entwicklungs-Hemmungen bewahrt
bleiben, so muß der Begriff des Nationalen und
des Urgesunden in der Kunst auch nach dem
Kriege so weit gefaßt werden, daß auch die
Schöpfungen edler und hochgespannter Geister
darunter fallen, deren Bedeutung und nationale
Prophetie nicht sogleich von allem Volke ver-
standen werden kann.......Wilhelm michel.

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