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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

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Schulze, Otto: Kunsttöpfereien von Esther Müller, Freiburg i. B.
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https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0275

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KERAMISCHE WERKSTÄTTE FRAU ESTHER MILLER—FREIBURG I. B. HOHE U. NIEDR. BLUMEN VASEN MIT FARBIGER GLASUR.

KUNSTTÖPFEREIEN VON ESTHER MÜLLER-FREIBURG I. B.

Zu den blühendsten Industrien unserer Zeit
zählt die der Kunsttöpferei. Wer mal die
Gelegenheit eines Besuches der Leipziger Messe
dazu benutzte, einmal ausschließlich die Neu-
erscheinungen auf diesem Arbeitsgebiete zu
besichtigen, wird erstaunt gewesen sein über
die Fülle von Formen, Glasuren und Farben,
die aus Staatsmanufakturen, Fabriken und
Kleintöpfereien sich hier zur Schau stellte.
Hier kann man seine Kenntnisse über Erzeu-
gungsorte und Techniken festigen und seinen
Geschmack einer Nachprüfung unterziehen.
Und innerhalb eines schier erdrückenden Reich-
tums späht man, wie nach Befreiung suchend,
nach einfachen Formen und vollklangigen Far-
ben. Lichtwarks Bestrebungen nach einer Vase,
die bestimmten Blumen und Sträußen gerecht
wird, sind lange Zeit unerfüllt geblieben, trotz-
dem seine Anregungen dafür reichlich flössen.

Zu den wenigen Erzeugnissen, die gerade
seinen Anforderungen am meisten entsprechen
dürften, rechne ich die von Esther Müller in
Freiburg im Breisgau gefertigten schlichten,
handlichen und farbenfrohen wie schönlinigen
Vasen mit an erster Stelle. Aus ihnen spricht

ein tiefes Empfinden für Blumenschmuck im
Zimmer; diese Vasen sind ihrer ganzen Erschei-
nung und Aufmachung nach ein tiefer Unter-
und Mitklang zur Verstärkung des blumigen
Inhalts. Sie vermitteln feine Zusammenstim-
mungen, sie lassen mehr noch erreichen: sie
geben der jeweiligen Blume ihre Persönlichkeit
zurück. Aber nicht nur in dieser Beziehung
wecken diese Kunsttöpfereien unser Entzücken,
sondern sie befriedigen auch rein technisch
durch ihre Formgebung wie Glasierung. Gerade
bei dem hohen Stande der vielen neueren
Kunsttöpferei-Techniken liegt die Gefahr einer
mißbräuchlichen Anwendung sehr nahe. Esther
Müller ist hier keinerlei Versuchung verfallen;
ihre feine Bildung und künstlerisches Zartgefühl
für die Grenzen des schmückenden Beiwerks
bewahrt sie gefestigt vor jedem Übermaß, dem
sonst Frauen so leicht in ungeschulter Schmuck-
freudeunterliegen. Deshalb wünschen wir gerade
ihren so eigenartig-persönlichen Vasen, Kumpen
und Schalen vollste Anerkennung und weiteste
Verbreitung. Mit diesen erfreulichen Kleinwer-
ken würde schon ein erziehlicher Einfluß auf die
Geschmacksbildung nachwirken, prof.o.schulze.

XIX. Dezember 1915. 8
 
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