FERDINAND STAEGER-MÜNCHEN.
VON PROF. DR. E.W.BREDT.
Eine glückliche Ausnahme im weilen Zu-
schauerraum deutscher Kunst ists, daß ein
Künstler im Alter Ferdinand Staegers doch
wenigstens schon einen nicht gerade kleinen
Kreis vonFreunden und Bewunderern gefunden.
Gewiß sind nur wenige von so fester, ausge-
sprochen anderer Art und Form wie Staeger,
mit fünfunddreißig Jahren schon von Sammlern
und Kunstfreunden besten Ansehens anerkannt
worden. — Ja, wenn Staeger so einer von den
allzu vielen wäre, die die Formensprache der
letztemporgekommenenKunstmode jeweilsmit-
machen — mitmachen können, wenn Staeger
Mitglied einer Ruhmesversicherungs - Gesell-
schaft auf Aktien (mit beschränktem Hervor-
ragen) wäre — dann wäre eine verhältnismäßig
früh erworbene Anerkennung nichts besonderes.
Denn das muß gesagt werden, Staegers Art ist
wie die aller Starken, eigensinnig. Diese Eigen-
sinnigkeit machte faßt alle Großen zunächst
unbeliebt, sie gibt immer einzelnen oder vielen
Anlaß zur Ablehnung — sie ist und bleibt aber
Kennzeichen aller Genialen, wenn in ihr allein
eine geistige Macht voll unlösbarer Wechsel-
beziehungen zwischen Weltanschauung und
Ausdrucksform klar sich offenbart. So mögen
Staegers zarte Radierungen und Zeichnungen
eben manchen zu zart erscheinen, zumal heute,
da die kunstgewerbliche Schulung auf Plakat-
wirkung, da die Maler auf kräftige Schlager,
da die Bildhauer auf den Umriß ausgehen, da
so vielen Künstlern die rasche Orientierung im
Bilde als wichtigstes Formproblem zu gelten
scheint. — Staeger, voll von eigener Anschauung
seiner Wälder und Weiten, hatte den Mut an-
ders zu zeichnen. Er war Kämpfer und ist und
bleibt Sieger. — Und von denen, die seine
Fahne mit zum Siege führten, seien hier nur
Georg Hirth, Julius Leisching und der Verleger
Gerlach genannt. Solche Erkenner und För-
derer der Einzelgänger zu nennen, werde mehr
und mehr zur Pflicht. Uns aber sei der bisherige
ideelle Erfolg eines so ganz anders Zeichnen-
den und Malenden frohes Zeichen des Auf-
schwungs im zeitigen Erkennen erster deutscher
Meister. Denn so zart auch immer bisher
Staegers Griffelkunst gewirkt — so stark ist
doch die Persönlichkeit, die sie schuf.
Mit wem ließe sich unser Künstler verglei-
chen? Mit wem unter den Alten, mit welchem
neuen Graphiker? Rein technisch liegt die Er-
innerung mit einem der großen Meister des
Januar 1916. 3
VON PROF. DR. E.W.BREDT.
Eine glückliche Ausnahme im weilen Zu-
schauerraum deutscher Kunst ists, daß ein
Künstler im Alter Ferdinand Staegers doch
wenigstens schon einen nicht gerade kleinen
Kreis vonFreunden und Bewunderern gefunden.
Gewiß sind nur wenige von so fester, ausge-
sprochen anderer Art und Form wie Staeger,
mit fünfunddreißig Jahren schon von Sammlern
und Kunstfreunden besten Ansehens anerkannt
worden. — Ja, wenn Staeger so einer von den
allzu vielen wäre, die die Formensprache der
letztemporgekommenenKunstmode jeweilsmit-
machen — mitmachen können, wenn Staeger
Mitglied einer Ruhmesversicherungs - Gesell-
schaft auf Aktien (mit beschränktem Hervor-
ragen) wäre — dann wäre eine verhältnismäßig
früh erworbene Anerkennung nichts besonderes.
Denn das muß gesagt werden, Staegers Art ist
wie die aller Starken, eigensinnig. Diese Eigen-
sinnigkeit machte faßt alle Großen zunächst
unbeliebt, sie gibt immer einzelnen oder vielen
Anlaß zur Ablehnung — sie ist und bleibt aber
Kennzeichen aller Genialen, wenn in ihr allein
eine geistige Macht voll unlösbarer Wechsel-
beziehungen zwischen Weltanschauung und
Ausdrucksform klar sich offenbart. So mögen
Staegers zarte Radierungen und Zeichnungen
eben manchen zu zart erscheinen, zumal heute,
da die kunstgewerbliche Schulung auf Plakat-
wirkung, da die Maler auf kräftige Schlager,
da die Bildhauer auf den Umriß ausgehen, da
so vielen Künstlern die rasche Orientierung im
Bilde als wichtigstes Formproblem zu gelten
scheint. — Staeger, voll von eigener Anschauung
seiner Wälder und Weiten, hatte den Mut an-
ders zu zeichnen. Er war Kämpfer und ist und
bleibt Sieger. — Und von denen, die seine
Fahne mit zum Siege führten, seien hier nur
Georg Hirth, Julius Leisching und der Verleger
Gerlach genannt. Solche Erkenner und För-
derer der Einzelgänger zu nennen, werde mehr
und mehr zur Pflicht. Uns aber sei der bisherige
ideelle Erfolg eines so ganz anders Zeichnen-
den und Malenden frohes Zeichen des Auf-
schwungs im zeitigen Erkennen erster deutscher
Meister. Denn so zart auch immer bisher
Staegers Griffelkunst gewirkt — so stark ist
doch die Persönlichkeit, die sie schuf.
Mit wem ließe sich unser Künstler verglei-
chen? Mit wem unter den Alten, mit welchem
neuen Graphiker? Rein technisch liegt die Er-
innerung mit einem der großen Meister des
Januar 1916. 3