Ferdinand Staeger—München.
FERDINAND STAEGER—MÜNCHEN. ORIG.-RADIER. »RAST AUF DER FLUCHT NACH ÄGYPTEN«
IM BESITZ DES SCHRIFTSTELLERS FRANZ LANGHEINRICH—MÜNCHEN.
Gobelins, des Barock wohl nahe. Tatsächlich
möchte ich manche Schöpfung Staegers gewebt
sehen. Seine Landschaften sind wie Teppiche.
Und das Spiel seiner Linien ist zart wie das
der Spitzen von Frauenhand. Aber genau ge-
sehen sind Staegers Zeichnungen eben Zeich-
nungen. Staeger will nicht, wie so viele heute
und früher, als Graphiker malen. Sein Stil ist
rein graphisch, wie Beardsley reiner Graphiker
war. — Aber sonst haben die beiden nichts
gemein. Beardsley war Illustrator, der aus der
Bühnenkunst, nicht aus der Natur, stärkstes
nahm. Staeger ist Dichter — Weber der Welt.
Wie der Menschen ineinander wirkende Schick-
sale die dichterisch schöne Gestalt der Parzen
schuf — so greifen alle Teile der Staegerschen
Schöpfungen ineinander über, wie der Fäden
unzählige Zahl zu einem Bild, einem zunächst
verschleierten Geschick.
Wer schafft ähnlich, ähnliches? Es mögen,
sollen, müssen andere anders schaffen — Stae-
ger hat seine Form, seine Welt, seinen Stil.
Jeder ist unvergleichlich, wenn Herz und Welt,
Form und Sinn so unzertrennlich fest ineinander
greifen zu einer Weltanschauung. — Wie er-
bärmlich jener kluge Kritikus, der einmal Stae-
ger als „Biedermeier" kleiner machen wollte.
Biedermeierei und Staegersche Kunst sind Anti-
poden. Kein Vergleichen macht Staeger kleiner.
Diez formt scharf und klar wie mit Messers
Schärfe klingende Epigramme. Kubins zittern-
der Griffel macht Geistergeschichten wahr.
Geiger ist leidenschaftlich bewegt in freiem
Raum, wie seine Feder. Alle haben ihren Stil
— wie Staeger seinen. Klingers Formenwelt
entspricht seinen Ideen. Böcklin war Maler-
Phantast und Ludwig Richter verklärte eine
einfache Welt in glücklicher Einfachheit. —
Staeger aber schafft Bilder, die reicher sind als
alle Bilderteppiche, die je gewirkt wurden.
Reicher und feiner.
Und dies Ineinanderspielen, dies nicht gleich
Deutliche des Einzelnen im Ganzen, ist wahr-
haftig derselbe starke wundergläubige Geist,
FERDINAND STAEGER—MÜNCHEN. ORIG.-RADIER. »RAST AUF DER FLUCHT NACH ÄGYPTEN«
IM BESITZ DES SCHRIFTSTELLERS FRANZ LANGHEINRICH—MÜNCHEN.
Gobelins, des Barock wohl nahe. Tatsächlich
möchte ich manche Schöpfung Staegers gewebt
sehen. Seine Landschaften sind wie Teppiche.
Und das Spiel seiner Linien ist zart wie das
der Spitzen von Frauenhand. Aber genau ge-
sehen sind Staegers Zeichnungen eben Zeich-
nungen. Staeger will nicht, wie so viele heute
und früher, als Graphiker malen. Sein Stil ist
rein graphisch, wie Beardsley reiner Graphiker
war. — Aber sonst haben die beiden nichts
gemein. Beardsley war Illustrator, der aus der
Bühnenkunst, nicht aus der Natur, stärkstes
nahm. Staeger ist Dichter — Weber der Welt.
Wie der Menschen ineinander wirkende Schick-
sale die dichterisch schöne Gestalt der Parzen
schuf — so greifen alle Teile der Staegerschen
Schöpfungen ineinander über, wie der Fäden
unzählige Zahl zu einem Bild, einem zunächst
verschleierten Geschick.
Wer schafft ähnlich, ähnliches? Es mögen,
sollen, müssen andere anders schaffen — Stae-
ger hat seine Form, seine Welt, seinen Stil.
Jeder ist unvergleichlich, wenn Herz und Welt,
Form und Sinn so unzertrennlich fest ineinander
greifen zu einer Weltanschauung. — Wie er-
bärmlich jener kluge Kritikus, der einmal Stae-
ger als „Biedermeier" kleiner machen wollte.
Biedermeierei und Staegersche Kunst sind Anti-
poden. Kein Vergleichen macht Staeger kleiner.
Diez formt scharf und klar wie mit Messers
Schärfe klingende Epigramme. Kubins zittern-
der Griffel macht Geistergeschichten wahr.
Geiger ist leidenschaftlich bewegt in freiem
Raum, wie seine Feder. Alle haben ihren Stil
— wie Staeger seinen. Klingers Formenwelt
entspricht seinen Ideen. Böcklin war Maler-
Phantast und Ludwig Richter verklärte eine
einfache Welt in glücklicher Einfachheit. —
Staeger aber schafft Bilder, die reicher sind als
alle Bilderteppiche, die je gewirkt wurden.
Reicher und feiner.
Und dies Ineinanderspielen, dies nicht gleich
Deutliche des Einzelnen im Ganzen, ist wahr-
haftig derselbe starke wundergläubige Geist,