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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

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Bredt, Ernst Wilhelm: Ferdinand Staeger, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0314

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Ferdinand Staeger-München.

FERDINAND STAEGER MÜNCHEN. ZEICHNUNG »DAS EINSAME DÖRFCHEN«

ORIGINAL IM BESITZ DES ESSENER KUNSTMUSEUMS,

In dieser Folge von Abbildungen begrüße ich
aber besonders erfreut jene andere Zeichnung
Staegers, der kaum ein kurzes Wort als Unter-
schrift gerecht wird. Aus zerschmetterter Geige
zischt eine ganze Brut gifteutriger Schlangen
empor. Eine schrille Disharmonie zerschneidet
alle Schönheit der Welt, allen Frieden im Tal.
Bitternis als Feindin alles Heiteren. Das ist
eine jener Schöpfungen Staegers, die noch kaum
bekannt — die den Dichter uns bald von an-
derer Seite kennen lehren werden. Denn nicht
sentimental bleibt Staegers Anschauung. Bit-
tere Töne schlägt er an, auch das Furchtbare,
Groteske und Brutale stellt Staeger dar. Frei-
lich, sein Auge, trunken vom Überfluß der Welt,
verwebt auch diese brutalen Erlebnisse in das
Bild seiner heimatlichen Fluren. — Noch ist
nicht die Zeit, jene ganz anderen oft Furcht-
bares allegorisierenden Zeichnungen Staegers
zu veröffentlichen. Der Weltkrieg wars aber
nicht, der den Lyriker auch zum Epiker und
zum Dramatischen geführt — doch das, was er

jetzt auf dem Kriegsschauplatz in Galizien sieht,
wird er, daran zweifelt niemand, furchtbarer
schildern als jene Kriegszeichner, die nur das
photographisch Aufnehmbare graphisch fest-
legen. — Freundlich ist noch die Mehrzahl
unserer Bilder: So „Das einsame Dörfchen",
oder die Zeichnung zu Uhlands „Droben stehet
die Kapelle", die die deutsche Abteilung der
Landesgalerie in Prag besitzt. — Von glim-
mend bald glühender Leidenschaft erzählt das
Blatt des lichten vorwärts drängenden Paares
im Walde unter hängendem Gezweig, auf blu-
migem Boden: „Junge Liebe". —

Ähnlich so viele Gelegenheitszeichnungen,
Exlibris, Geburtsanzeigen usw. Mit nur wenigen
anderen könnte sich Staeger leicht an die Spitze
des großen, allzugroßen Zuges von deutschen
Exlibriszeichnern stellen. Doch wozu? Stae-
ger hat Größeres zu geben. — Das schwierige
Gebiet der Allegorie meistert er wie wenige.
Er wird nicht trocken, nicht gelehrt, nicht klug
und weise wie Pädagogen, die die Finger vom
 
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