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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

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Beringer, Joseph August: Wilhelm Trübner: zu seinem 65. Geburtstage 3. Februar 1916
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https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0362

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Wilhelm Trübner.

PROFESSOR Wll.H. TRUBNKR—KARLSRUHE.

»KAPELLE IN STIFT NEUBURG, NECKAR « (l'.tlS).
IM BESITZ DER NATIONAL-GALERIE- BERLIN.

den in sich unsicheren, leicht beweglichen Natu-
ren, die im Augenblickserfolg die Bestätigung
ihrer Bedeutung gesichert meinen, wird es leicht,
das Segel rasch zu drehen und den gerade
wehenden Wind sich dienstbar zu machen.

Es verdient auch hier hervorgehoben zu wer-
den, wieviel und wie lange die deutsche Kunst
zugunsten des Auslandes herabgewürdigt und
damit herabgewertet worden ist. Kein Gebiet,
weder das Porträt, noch die Landschaft, weder
das Figurenbild, noch das Stilleben, wurde ge-
schont, wenn es galt, das fremdländische Er-
zeugnis gegenüber der deutschen Leistung hoch-
zuloben. Es wird späteren Feststellungen vor-
behalten sein, nachzuweisen, wie tief durch sol-
ches sinnloses Vorgehen die deutsche Kunst in
ihrer Entwicklung gehemmt und geschädigt wor-
den ist, weil in der dadurch bewirkten Verwir-
rung nur die Zähesten, ja Hartlebigsten, am Ent-
wicklungsgang festhielten, der deutschem Emp-
finden und deutscher Anschauung gemäß war.
Der „Fall Trübner" wird hinsichtlich der Er-
folglosigkeit verschärft, weil die künstlerische

Entwickelung bei Trübner von einem Punkte
aus mit ungeheurer Folgerichtigkeit, mit ganz
geringenSchwankungenundAusbiegungen.eben
seiner eigensten Natur gemäß, sich vollzieht,
und weil sie unabhängig und unbeeinflußt vom
Zeitwollen zu sein scheint und gewissermaßen
aus sich heraus vor sich geht, wenn einmal die
leisen Anstöße von außen her den fruchtbaren
Boden der Trübnerschen Malnatur gelockert
haben. Die Entwicklungsstationen der Trüb-
nerschen Kunst liegen nicht auf Bruchlinien,
sondern auf fast vorherbestimmtem, organisch
festgelegtem Wege, an dessen Anfang dem
werdenden Künstler „die vier größten Könner
des Jahrhunderts: Feuerbach, Canon, Leibi
und Thoma als Führer und Leitsterne" standen.

Feuerbach, mit dem Trübner in den 60er
Jahren in Heidelberg noch persönlich verkehrte,
hat nur mittelbar auf ihn gewirkt: als entschei-
dender Berater bei der Berufswahl zunächst,
dann aber auch durch seine adelige Auffassung
vom Wesen der Kunst in Wort und Werk, die
dem Kunstjünger ein hohes Vorbild stellten.

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