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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

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Beringer, Joseph August: Wilhelm Trübner: zu seinem 65. Geburtstage 3. Februar 1916
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https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0380

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Wilhelm Trübner.

PROFESSOR WILH. TRÜISNER KARLSRUHE. »VILLA AM STARNBERGER-SEE« (1912).

geführt, so daß diese Zeit durch literarische
und kostümgeschichtliche Studien, durch gesell-
schaftliche Verpflichtungen, durch Sammlung
von Altertümern, Gemälden und Büchern, so-
wie durch eine Reise nach England ausgefüllt
wird. Doch entstehen immer wieder Werke
von edelster Rasse; das Bildnis von Miß Lina
Trübner [S. 367] (1885) kann für alle zeugen.
Aber hier liegt die Grenze,' wo sich die tonige
Kunst Trübners, die sich im Atelierlicht ent-
wickelt und ausgebildet hat, von der farben-
kräftigeren Freilichtkunst zu trennen beginnt,
wo die neue Malepoche des Meisters einsetzt.

Die Landschaften vonFrauenchiemsee (1891),
Seeon (1892) usf. deuten in ihrem Raumgefühl
und Farbenakkord das Neue an.

Aber der Boden in München schien doch
nicht mehr recht fruchtbar für Trübner"werden
zu wollen, und so zog der Künstler, nach häu-
figem Wechsel des Aufenthaltsortes' 1896 nach
Frankfurt a. M., um in den alten Freundeskreis
Thoma-Lang-Steinhausen neu einzutreten.

Frankfurt war Neuland, war Ruhe, gab
Selbstbesinnung und Sammlung — und eröffnet
die Periode der Freilichtmalerei mit ihrem Ge-
folge von Forderungen hinsichtlich der künst-
lerischen Darstellungsweise. Der damals noch
nicht von Häusern umstandene und verbaute
Staedelgarten bot Gelegenheit, den Akt im
Freien zwischen Gebüsch aufzustellen. Die
sanfte Schönheit der nahen Taunuslandschaft,
die üppigen, leuchtend grün erstrahlenden Ge-
lände der Bergstraße und des Odenwaldes for-
derten gegenüber dem Atelierkolorit eine völlige
Umwertung der Palette, eine Aufhellung. Die
im Freien sich ergebenden Formauflösungen,
die farbigen Reflexe, die durchsichtigen, far-
bigen Schatten — das reichere Spiel der Licht-
flecken durch das Netzwerk der Baumkronen —
all das bedingte ein Neues in der Trübnerschen
Malerei. In sieben arbeitsreichen-Jahren hat
Trübner — ohne französische Beeinflussung —
die deutsche Freilichtmalerei zu ihrer monu-
mentalen Ausdrucksform erhoben. Es kann
 
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