Vom Künstler und von der Form.
daß sie keiner Gründe und Beweise bedürfen.
Alles scheinen Künstler aus der Nähe wie aus
der Ferne so sicher zu wissen, daß man ihre Ge-
wißheiten nur mit der bedingungslosen Sicher-
heit tierischer Instinkte vergleichen kann. Über-
haupt scheinen dieKünstlermit unmittelbareren,
prompteren, volleren Sinnen begabt: im Ge-
sicht, im Gehör, im Greifen und im Tasten wie
im Geruch und Geschmack und im Erotischen.
Zugleich scheinen Worte und Gedanken eines
Künstlers aus unabgemessenen Tiefen zu stei-
gen, zugleich aus schwindligen Höhen herabzu-
kommen ; so gewinnen sie neben den Bürg-
schaften, die ihnen das Instinktive ihres Wesens
verleiht, die Gewalt einer geistig-gründlichen,
einer jenseitigen Offenbarung. Aus einer Mi-
schung von unbegreiflicher, aber schlagender
Intuition und animalischer Witterung bilden sich
Gedanken und Worte des Künstlers.
Damit versteht sich das andere fast von selbst.
Es fällt auf, daß sich die Künstler, die echten
jedenfalls, keine schweißigen Sorgen über Zu-
sammenhänge von Ursachen und Wirkungen zu
machen pflegen. Sie entwickeln nicht. Sie haben
alles auf einmal in der zusammenfassenden An-
schauung einer formal eindringlichen oder viel-
mehr formal eindringlich erlebten Erscheinung
beisammen. Die Künstler leiten nicht das eine
von weither aus dem andern ab. Sie scheinen eine
Tatsache nicht in der Tiefenrichtung, sondern
in der Breite aufzustellen. Aber seltsam: trotz
alles Flächig-Naiven künstlerischer Wahrneh-
mung bleibt der Eindruck der Tiefe, und zwar
im körperlichen wie im geistigen Sinn. Die
Künstler offenbaren, ob sie reden odermalen, den
ganzen Nachdruck der sinnlichen Wölbung, die
den Dingen eigen ist und die von uns, den Laien,
vergessen wird, da wir den Tiefsinn der Dinge,
so gründlich wir sind, nicht leicht in die irra-
tional deutende Formalität von Blättern, Blu-
men, Tieren übersetzen wie der Künstler, dessen
bewundernswerte Oberflächlichkeit letzte Ge-
heimnisse umspannt und für Sekunden ent-
schleiert — kühner entschleiert als Philosophie.
daß sie keiner Gründe und Beweise bedürfen.
Alles scheinen Künstler aus der Nähe wie aus
der Ferne so sicher zu wissen, daß man ihre Ge-
wißheiten nur mit der bedingungslosen Sicher-
heit tierischer Instinkte vergleichen kann. Über-
haupt scheinen dieKünstlermit unmittelbareren,
prompteren, volleren Sinnen begabt: im Ge-
sicht, im Gehör, im Greifen und im Tasten wie
im Geruch und Geschmack und im Erotischen.
Zugleich scheinen Worte und Gedanken eines
Künstlers aus unabgemessenen Tiefen zu stei-
gen, zugleich aus schwindligen Höhen herabzu-
kommen ; so gewinnen sie neben den Bürg-
schaften, die ihnen das Instinktive ihres Wesens
verleiht, die Gewalt einer geistig-gründlichen,
einer jenseitigen Offenbarung. Aus einer Mi-
schung von unbegreiflicher, aber schlagender
Intuition und animalischer Witterung bilden sich
Gedanken und Worte des Künstlers.
Damit versteht sich das andere fast von selbst.
Es fällt auf, daß sich die Künstler, die echten
jedenfalls, keine schweißigen Sorgen über Zu-
sammenhänge von Ursachen und Wirkungen zu
machen pflegen. Sie entwickeln nicht. Sie haben
alles auf einmal in der zusammenfassenden An-
schauung einer formal eindringlichen oder viel-
mehr formal eindringlich erlebten Erscheinung
beisammen. Die Künstler leiten nicht das eine
von weither aus dem andern ab. Sie scheinen eine
Tatsache nicht in der Tiefenrichtung, sondern
in der Breite aufzustellen. Aber seltsam: trotz
alles Flächig-Naiven künstlerischer Wahrneh-
mung bleibt der Eindruck der Tiefe, und zwar
im körperlichen wie im geistigen Sinn. Die
Künstler offenbaren, ob sie reden odermalen, den
ganzen Nachdruck der sinnlichen Wölbung, die
den Dingen eigen ist und die von uns, den Laien,
vergessen wird, da wir den Tiefsinn der Dinge,
so gründlich wir sind, nicht leicht in die irra-
tional deutende Formalität von Blättern, Blu-
men, Tieren übersetzen wie der Künstler, dessen
bewundernswerte Oberflächlichkeit letzte Ge-
heimnisse umspannt und für Sekunden ent-
schleiert — kühner entschleiert als Philosophie.