Kunstgewerbe und Luxus.
Spitzen durchbrochen wird, wenn in der ver-
schwiegenen Ecke des Gartens ein Teehäuschen
seine verschwenderische Pracht für die kurze
Zeit eines Fünfuhrtees öffnet, wenn goldene
Spangen Arm und Haare zieren, dann dürfen
wir von Luxus reden. Leider tun wir das immer
mit einer gewissen moralischen Verurteilung.
Die Moral verlangt Zwecke des Handelns, der
Luxus verwirft den Zweck. Ein Kind des Über-
flusses fragt er nicht nach Notwendigkeit, Freude
und Glanz ist seines Daseins Wert, und so will
und soll er genommen sein. dr. rob. corwkgh.
Wessen feinere Nerven einmal beweglich, und
für den geheimen Reiz, der in der Kunst ver-
borgen liegt, empfänglich sind, dessen Seele wird oft
da, wo ein anderer gleichgültig vorübergeht, innig
gerührt. Ich bin mir bewußt, daß öfters, wenn ich
(mit anderen Gedanken beschäftigt) durch irgend
ein schönes und großes Säulenportal ging, die mäch-
tigen, majestätischen Säulen, mit ihrer lieblichen Er-
habenheit, unwillkürlich meine Blicke zu sich wen-
deten, und mein Inneres mit einer eigenen Empfin-
dung erfüllten, daß ich mich innerlich vor ihnen beugte,
und mit aufgelöstem Herzen und mit reicherer Seele
weiter ging.....
W. G. WACKENRODER.
HANNS HOLDT MÜNCHEN. BILDNIS-AUFNAHME »ERNA MORENA«
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Spitzen durchbrochen wird, wenn in der ver-
schwiegenen Ecke des Gartens ein Teehäuschen
seine verschwenderische Pracht für die kurze
Zeit eines Fünfuhrtees öffnet, wenn goldene
Spangen Arm und Haare zieren, dann dürfen
wir von Luxus reden. Leider tun wir das immer
mit einer gewissen moralischen Verurteilung.
Die Moral verlangt Zwecke des Handelns, der
Luxus verwirft den Zweck. Ein Kind des Über-
flusses fragt er nicht nach Notwendigkeit, Freude
und Glanz ist seines Daseins Wert, und so will
und soll er genommen sein. dr. rob. corwkgh.
Wessen feinere Nerven einmal beweglich, und
für den geheimen Reiz, der in der Kunst ver-
borgen liegt, empfänglich sind, dessen Seele wird oft
da, wo ein anderer gleichgültig vorübergeht, innig
gerührt. Ich bin mir bewußt, daß öfters, wenn ich
(mit anderen Gedanken beschäftigt) durch irgend
ein schönes und großes Säulenportal ging, die mäch-
tigen, majestätischen Säulen, mit ihrer lieblichen Er-
habenheit, unwillkürlich meine Blicke zu sich wen-
deten, und mein Inneres mit einer eigenen Empfin-
dung erfüllten, daß ich mich innerlich vor ihnen beugte,
und mit aufgelöstem Herzen und mit reicherer Seele
weiter ging.....
W. G. WACKENRODER.
HANNS HOLDT MÜNCHEN. BILDNIS-AUFNAHME »ERNA MORENA«
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