Neue Wege zur Kriegskunst.
den, Ausdruck seiner körperlichen Existenz —
und seines gelassenen Ertragens der Dinge und
der Lose. Sein Mantel war zerknittert, wie der
gotische Mantel der Maria auf einem Schon-
gauer Blatt; er gehörte zu ihm, wie ein Teil
seines Ich. Der Mann stand reglos, mit unge-
spannten Gliedern — unbeweglich; er war
weder groß noch schön noch stark: in seiner
ganzen Erscheinung und Haltung aber war
etwas, daß man beim Anschauen im Vorbei-
marschieren plötzlich erkannte, wie hier die
seelische Kraft des Heeres, das nun einundein-
halbes Jahr lang sich von drei Reichen belagern
läßt, einen Ausdruck gefunden hatte, in der
ungewollten Monumentalität dieser Erschei-
nung. Wir haben es noch öfter erlebt an diesen
Gestalten, die die Erde wieder zurückgenom-
men zu haben scheint — und wir haben ge-
wünscht, daß unter denen hier draußen, die es
mit uns sehen und erleben, Menschen sind,
deren Augen und Seelen die große Form zu
begreifen vermögen, die hier bei diesen Trägern
des Krieges erwachsen ist und noch weiter
erwächst, um später im Frieden daraus das
dauernde Denkmal dieser Zeit zu schaffen.
DR. PAUL FECHTER (Z. ZT. LILLE).
£
Die Kunst ist eine Sprache ganz anderer Art, als
die Natur; aber auch ihr ist, durch ähnliche dunkle
und geheime Wege, eine wunderbare Kraft auf das
Herz des Menschen eigen. Sie redet durch Bilder
der Menschen, und bedienet sich also einer Hiero-
glyphenschrift, deren Zeichen wir dem Äußern nach,
kennen und verstehen. Aber sie schmelzt das Gei-
stige und Unsinnliche, auf eine so rührende und be-
wundernswürdige Weise, in die sichtbaren Gestalten
hinein, daß wiederum unser ganzes Wesen, und alles,
was an uns ist, von Grund auf bewegt und erschüt-
tert wird............ W. G.WACKENRODER.
FERDINAND STAEGER-MÜNCHEN. ZEICHNUNG »NEUJAHRS-KARTE«
den, Ausdruck seiner körperlichen Existenz —
und seines gelassenen Ertragens der Dinge und
der Lose. Sein Mantel war zerknittert, wie der
gotische Mantel der Maria auf einem Schon-
gauer Blatt; er gehörte zu ihm, wie ein Teil
seines Ich. Der Mann stand reglos, mit unge-
spannten Gliedern — unbeweglich; er war
weder groß noch schön noch stark: in seiner
ganzen Erscheinung und Haltung aber war
etwas, daß man beim Anschauen im Vorbei-
marschieren plötzlich erkannte, wie hier die
seelische Kraft des Heeres, das nun einundein-
halbes Jahr lang sich von drei Reichen belagern
läßt, einen Ausdruck gefunden hatte, in der
ungewollten Monumentalität dieser Erschei-
nung. Wir haben es noch öfter erlebt an diesen
Gestalten, die die Erde wieder zurückgenom-
men zu haben scheint — und wir haben ge-
wünscht, daß unter denen hier draußen, die es
mit uns sehen und erleben, Menschen sind,
deren Augen und Seelen die große Form zu
begreifen vermögen, die hier bei diesen Trägern
des Krieges erwachsen ist und noch weiter
erwächst, um später im Frieden daraus das
dauernde Denkmal dieser Zeit zu schaffen.
DR. PAUL FECHTER (Z. ZT. LILLE).
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Die Kunst ist eine Sprache ganz anderer Art, als
die Natur; aber auch ihr ist, durch ähnliche dunkle
und geheime Wege, eine wunderbare Kraft auf das
Herz des Menschen eigen. Sie redet durch Bilder
der Menschen, und bedienet sich also einer Hiero-
glyphenschrift, deren Zeichen wir dem Äußern nach,
kennen und verstehen. Aber sie schmelzt das Gei-
stige und Unsinnliche, auf eine so rührende und be-
wundernswürdige Weise, in die sichtbaren Gestalten
hinein, daß wiederum unser ganzes Wesen, und alles,
was an uns ist, von Grund auf bewegt und erschüt-
tert wird............ W. G.WACKENRODER.
FERDINAND STAEGER-MÜNCHEN. ZEICHNUNG »NEUJAHRS-KARTE«