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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 47.1920-1921

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Fallmereyer, Martin: Die künstlerische Parole
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https://doi.org/10.11588/diglit.9122#0031

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Die künstlerische Parole.

Wendung hat zwar bei uns die bei weitem stär-
kere weltanschauliche Vertiefung erreicht, aber
ihren eigentlich sinnlichen Reiz, ihr Verführe-
risches und liebenswürdig Überzeugendes ist
mehr von den Franzosen herausgestellt worden.
Den Grund dafür erblicke ich eben in der Tat-
sache, daß man sich drüben mit mehr Freiheit
und Sinnlichkeit zu den Direktiven verhält und
mit weniger finsterer Dogmengläubigkeit.

Darum glaube ich, daß das gegenwärtige
„Interregnum" sein Gutes hat insofern, als es
den Künstlern Zeit gibt, resolut nach den in-
neren Bestimmungsgründen ihres Schaffens
zu fragen und einmal entschieden aus eigenen
geistigen Mitteln zu leben. Die „Zeit" sagt
ihnen nichts, ruft ihnen kein geformeltes Wort
von ihren nächsten künstlerischen Absichten zu.
Sie läßt etwas verlauten von einem kommen-

den Klassizismus, aber das tritt so zaghaft auf,
ist so wenig mit Werken und Schlachtrufen be-
legt, daß ihm die Bedeutung einer „Parole"
noch lange nicht zukommt. Nun horche jeder
auf seinen Dämon, prüfe sich, was die Zeit und
die Kunst von ihm wollen, und werfe die Köst-
lichkeit seines unersetzbaren Ich hüllenlos in
den Tiegel, in dem das künstlerische Geschehen
sich braut. Die „Parolen" geben diesem Gesche-
hen zwar oft Kraft und Eindeutigkeit eines be-
stimmten Ansturms; aber sie fälschen es auch,
indem sie oft auch Nicht-Zugehöriges in ihren
Wirbel ziehen. Nun sind die Parolen verstummt,
und damit bricht für den Kunstfreund ein viel
spannenderer Augenblick des künstlerischen
Geschehens an als diejenigen sind, in denen eine
Massensuggestion die Willen in einer b estimmten
Richtung zu Paaren treibt, martin fallmerever.

JOSEF EBERZ—MÜNCHEN. »ARTISTENLIEBE« mit genehm, von hans goltz-münchen.
 
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