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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 47.1920-1921

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Ewald, Reinhold: Hans Baldung, gen. Grien
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https://doi.org/10.11588/diglit.9122#0051

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Hans Baidung, gen. Grien.

»MARIA VERKÜNDIGUNG« 1. AUSSENFLÜGEL DES HOCHALTARS.

herber formaler Fuge in strenger Sta-
tik der Haltung und Aufteilung Elisa-
beth. — Die dritte Tafel ist die schon
zuvor formal beschriebene „Heilige
Nacht" in starkem Kontrast zu der
besonnten Landschaft links daneben:
ein dunkler schwarzgrauer, leichtarchi-
tektonischer Raum, in tiefem Schwarz-
blau die Maria. Wie ein Sammelge-
stirn verbündelt plötzlich jubelnde,
goldene Engel, die ein unwirkliches
grünblasses Tuch halten, — komple-
mentärfarbig zu den warmen Engeln
— kühl grün phosphoreszierend mit
gelbblassem Kind. — Als vierte Tafel
rechts bei geschlossenem Altar ist das
Motiv der „Flucht nach Ägypten" be-
handelt. Hier scheinen gewisse Ein-
flüsse des jüngeren Holbein trübend
gewirkt zu haben, das Ganzebekommt,
insbesondere durch die Art des Vor-
dergrundes mit den Renaissance-
Wasserlilien und demDistelfink, etwas
Genrehaftes. Die Rückseite trägt eine
große Kreuzigung: vor fast schwarzem
Himmel ein fahles Gelb — messing- bis
weißgelb in Körpern, Köpf en und Kopf-
tüchern, ein weißes Pferd hinter stäh-
lerner Helebarde. Der stärkste Ak-
kord in Form und Farbe ist die Maria,
in der sonst ziemlich senkrecht ge-
bauten Komposition schräg gestellt
in der Fuge mit dem wehenden Ge-
wand Christi bis zu dessen Haupt
durchstoßend mit grünem Gesicht und
blassem Kopf und Schultertuch plötz-
lich als bleigraue kalte und
schwarzblaue Fuge. Die Magda-
lena honiggelb und violettrötlich, wei-
nerlich mit violettem Fleischton neben
blondem Haar. Rechts vom Kreuz als
Ausgleich gegen die auf der andern
Seite zusammenbrechende Maria Ge-
wänder der Landsknechte wie Grün-
span. — Als große gigantische Klum-
pen die braunen Schächer vor dem
schwarzen Himmel. Der linke hängt an
einem Birkenstamm, der mit der Maria
zusammen in seiner Ausdruckskraft
Anregungen zu einigen Bildern Böck-
lins abgegeben haben mag. — Den
stärksten Eindruck hat man aber erst,
wenn der Altar geöffnet wird und das
große Mittelbild mit den Aposteln
rechts und links zur Wirkung kommt.
Es ist gleichsam, als wenn die Sonne
sich ergießt: lachendes, gelbes Licht
 
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