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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 47.1920-1921

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Gleichen-Rußwurm, Alexander von: Vom Künstler und der öffentlichen Meinung: Eine Randbemerkung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9122#0115

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Vom Künstler und der öffentlichen Meinung.

sagt, daß es die erhabensten Menschen verachten
und die am tiefsten Gesunkenen. Damit ist
wohl auch für den Künstler das Beste gesagt.
Er schafft im Dienst der öffentlichen Meinung
für ihren Beifall, davon kommt er nicht los trotz
allen Stolzes und aller Philosophie, dennlebendig
wird ein Werk nur, wenn es wirkt.

Damit ist für den Schaffenden sein Verhältnis
zum Publikum bestimmt. Gewiß, man soll sich
nicht beeinflussen lassen durch den billigen
Beifall der Menge, aber ebensowenig — nur
um aufzufallen — ihr einen Fußtritt geben. Das
wirklich Neue mag anfangs befremden, es ent-
steht aber so zwingend in der Künstlerseele,
daß es nach Ausdruck heischt und sich nicht
mehr durch die Konvention zurückdämmen läßt.
Von den Meisten unter den Großen im Bild wie
im Wort läßt sich füglich sagen, daß sie sich
trotz der öffentlichen Meinung durchgesetzt
haben. Ein neues Kunstwerk ist ein Erlebnis
für den Schöpfer und für den Genießenden, ein
Erlebnis wird aber nur Auserwählten zuteil, und
von deren Urteil ausgehend formt sich langsam
und unbeholfen die Ansicht der Menge.

Auf eine allgemeine Formel gebracht, glaube
ich, kann man sagen, der Künstler darf — ebenso
wie der Weltmann — seinen eigenen Stil haben,
aber nicht seine eigene Mode. Worin besteht
aber der eigene Stil eines Menschen, den er
jedem Urteil gegenüber behaupten soll und der
ihn mit den besten aller Zeiten verbindet, ohne

ihn vom Zusammenhang des täglichen Lebens
zu entfernen? — Nur in der inneren Empfindung
allem Häßlichen und Schönen gegenüber. Sie
leitet den Geschmack und dringt unbewußt in
jede Einzelheit des Schaffens. Sie hindert über
das Richtige zu zweifeln, gibt Sicherheit und
schützt vor gesuchtem Gehabe wie vor Nichtig-
keiten aller Art. Eine solche Empfindung zeichnet
aus und stempelt ein Werk zum Kunstwerk, in
dem sie eine feste Grenze gegen das Gemeine,
Schamlose und Rohe zieht.

Wem diese Empfindung eigen ist, der wird
sich der öffentlichen Meinung mit freundlicher
Lässigkeit einfügen, ohne sich ihr zu unterwerfen.

alexander von gleichen-russwurm.
ä

ATELIER-VERKÄUFE STEUERFREI. Die
t~\ Reichsregierung hat beschlossen, eine No-
velle zum Umsatzsteuergesetz einzubringen.
Danach sollen alle sogenannten Atelierverkäufe,
d. h. Verkäufe von Originalwerken unmittelbar
durch den Künstler an den Kunstfreund, von
der Luxussteuer befreit werden. Der Künstler
soll in Zukunft nur der allgemeinen Umsatz-
steuer mit l1/2 U/° vom Entgelt unterliegen.
Die Pflicht der Künstler zur Abgabe der Lu-
xussteuererklärung, für die derTermin auf
den 1. September d. J. festgesetzt war, fällt
daher fort. Die von den Erben des Künstlers
innerhalb fünf Jahren nach seinem Tode getätig-
ten Verkäufe sollen ebenfalls frei bleiben, b.
 
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